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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 9. Abhandlung): Eros und Psyche — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32171#0005
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Eros und Psyche.

dünkt mich der Gedanke, daß man erst aus der Kunst heraus'
dem Falter seinen Namen, Psyche, gegeben habe, nicht ganz
wahrscheinlich. 11)

Wie dem auch sei: die Seele ist vorhanden in Schmetter-
lingsgestah; bereits im sechsten Jahrhündert; das lehren schwarz-
figurige Vasenbilder uns mit Sicherheit 12); ja, Falterflügel werden
dem menschlichen Körper angesetzt schon anf einem geschnittenen
Stein des fünften Jahrhunderts. 13)

Interessant ist, wie auf diesem das Schmetterlingsmädchen
dargestellt wurdej denn es nimmt die Iialtung der „Trauernden
Penelope“ ein, deren Deutung als Grabstatue, als Bild der Toten
in trauernder Haltung, kaum mehr bestritten werden dürfte. 14)
Das führt uns dazu, auch in jenem Mädchen nicht etwa eine
personifizierte Psyche zu erkennen, sondern die Seele der Ver-
storbenen im Einzelfalle, der man in feinsinniger Anknüpfung
an den alten Sclimetterlingsgedanken Falterflügel anfügte. Aber
nicht vom Eros wird dieses Mädchen gepeinigt, sondern von
bitterem Leid. Wie kam man dazip die Seele durch Eros quälen
zu lassen?

Man hat hier mit Recht an eine Stelle des Platon erinnerf
welcher im Phaedrus von einer beflügelten Seele spricbt und
Eros als Beherrscher der Psyche nennt. 15) In der Tat beginnt die
Kunst sich mit der wenig erfreulichen Aufgabe, diese häßlichen
Szenen darzustellen, erst am Ende des vierten, eher wohl noch
am Anfang des dritten Jahrhunderts zu befassen. Die frühsten
erhaltenen Monumente sind ein südrussischer Goldschmuck 16) und
ein calenisches Medaillon. 17) Viel Anmut und Erfmdungsgabe
haben namentlich die Steinschneider diesem Thema gewidmet.
E.s muß festgehalten werden, daß es sich zunächst stets nur um
die Zusammenstellung des Eros mit dem Tiere handelt, Be-
ziehungen zu dem Mädchen, der personifizierten Psyche, noch
auszuschalten sind, wie ja auch bei Platon von einer personi-
fizierten Seele noch nicht die Rede ist.

n) So Waser, a. a. 0., S. 3234.

12) Berlin 1684 (Furtwängler, I, 222), weitere Literatur bei Waser ;
Furtwängler, Die antiken Gemmen, XXIV, 59.

13) Furtwängler, a. a. 0., XVIII, 25.

14) Literatur z. B. im Artikel ,,Penelope“ bei Roscher.

15) Phaedrus 246 bc vgl. 255 cd.

16) Antiquites du Bosphore cimmerien, pl. VII, 8.

17) Calenische Reliefkeramik, S. 58, Nr. 64,
 
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