Metadaten

Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 9. Abhandlung): Eros und Psyche — Heidelberg, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32171#0014
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
14

Rudolf Pagenstecher:

Orsis Erldärtmg des Kindes als Jakchos 57), der nicht nur
als Sohn der Demeter, sondern auch als derjenige der Persephone
gedacht worden ist 58), erscheint sehr bestechend, und ich muß
ihr vor der von Studniczka 59) ausgesprochene Ansicht, daß es
sich um Persephone mit dem Adoniskinde handle, den Vorzug
geben. Näheres wird gewiß Orsis endgültige Publikation bringen,
der ich nicht vorgreifen möchte.

Haben wir auf dem eben genannten Relief den Spiegel im
Zusammenhang mit Persephone kennen gelernt, so dürfen wir
vielleicht auch die Toiletteszenen (B 28 nnd A57) hierher nehmen,
obwohl sie besser zu Aphrodite passen wollen, und das ähnliche
archaisierende Relief der Villa Albani 60) beweist, daß man sich
unter diesem Typus (A58) später — und doch wohl auch in der
Zeit, der das Original angehört, — Aphrodite vorgestellt hat.

Der großen thronenden Gottheit nun, die wir Persephone
nennen, wird ein männlicher Gott zur Seite gesetzt. Daß nicht
er der ursprüngliche Iderr des Tempels gewesen ist, bezeugt der
Umstand, daß nie er, wolil aber die Göttin, allein vorkommt.
Er ist stets bärtig (denn A 9 gehört wohl nicht in diese Reihe),
sitzt bald zu ihrer Rechten, bald zur Linken. In diesem Zu-
sammensein trägt die Göttin Schale und Iiahn (A 29, 30; B 9)
oder die Ivornähre (B 8), einmal faßt sie auch n'ur den Schleier
mit der Hand (B 10). Der Gott hält den Kantharos (A 33) oder die
Schale (B 8—10) und als bezeichnendes Attrihut den Narzissen-
strauß (B 8). 61) Älire und Blumenstrauß kommen vereinigt vor
als Symbol der heiden Gottheiten auf der schönen Platte A 28.
Der Hahn steht unter dem Thronsessel (B 8), vor dem Götter-
paar ein hoher, von demselhen Vogel gekrönter Kandelaber.

57) Boll. d’arte, a. a. 0., S. 470 ; vgl. Förster, a. a. O., S. 44. Hermes
und Dionysos im Liknon bei Harrison, Prolegomena, S. 522ff.

58) Gruppe, Griech. Mythologie, 1435, 1437.

59) Jahrbuch, 1911, S. 142. Gruppe, a. a. 0., 1171 1; Dionysos in der
Kiste Paus. YII, 19, 7 (Frazer, IV, 147). „Daß liier der Künstler die Geburt
eines Ivindes symboliscli darstellen will, um so die Tatsaclie zu betonen, daß
das Neugeborene nicht ein einfaclres Erzeugnis der menschlichen Eltern sei,
sondern vielmehr eine Gabe von oben und außen“ (Oldfather, 122), wil!
mir nicht in den Sinn.

60) Müller-Wieseler, II, 24, 257; Roscher, I, 399.

61) Gaia läßt im Homerischen Demeterhymnus auf des Zeus Befehl
Nai’kissos wachsen, um durch den Duft Persephone von den Gespielinnen
wegzulocken ; Förster, a. a. 0., S. 35; Roscher, III, 14f.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften