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Rudolf Pagenstecher :
Griechc gezwungen war. 167) Wie oft versagt, wo diese fehlen,
nicht nur jedes Hilfsmittel unserer Wissenschaft, sondern auch
das Yerständnis der Alten!
So sind Iris, Eos und Nike völlig gleich, ursprünglich lang
bekleidet, fast ausnahmslos mit mächtigen Flügeln dargestellt
worden. Nike erkennen wir auf streng rotfigurigen Vasen, wenn
sie zum Altar schwebt, dem Vater Zeus oder dem Helden den
Trank spendet, Iris, wenn sie den Heroldsstab, den sie mit Hermes
teiit, in der Hand, ihrer Gebieter Befehle ausführt. Eos können
wir mit Sicherheit bezeichnen, wenn sie auf dem Wagen,
dem Phosphoros voranleuchtet, am Himmel auffährt oder, von
Aphrodite mit Liebesleidenschaft bestraft, dem jugendlich schönen
Kephalos nacheilt, wenn sie schließlich um das Geschick ihres
Sohnes trauert. 168) So weit, kämen wir in unserer Erkenntnis,
wenn nicht der Töpfer, sich und anderen zu Nutz und Frommen,
Beischriften zugefügt hätte, das Wesen der dargestellten Flügel-
mädchen zu erläutern. Durch sie erfahren wir, daß an Nikes
Stelle im Gemach der Braut, oder vielmehr der jungen Frau, auch
Eos erscheinen kann 169), daß Nike der Iris ihren Platz als Götter-
hotin streitig macht und den Flügelstab erhält, daß Iris dort er-
scheint, wo wir die Göttin des Sieges vermuten würden. 170) Da-
mit werden wir für die Würdigung der nicht beischriftlich he-
zeichneten Figuren nur vor noch schwerere Probleme gestellt.
Glücklicherweise können wir uns hei unseren Reliefs anders
weiterhelfen.
Iris, die Götterbotin, hat mit Eros zu wenig zu tun, um neben
ihn als Gefährtin treten zu können. Von ihr dürfen wir ohne
weiteres absehen. Durch Brückners schön durchdachte Aus-
führungen 171) dagegen könnte der Gedanke, hier Eos zu erkennen,
nahe gelegt werden. Wenn Aphrodite zu den Epaulia erschiene,
so wäre diese Deutung nicht ohne weiteres abzuweisen, obwohl
die Älmlichkeit dieser Göttin mit Nike leicht zu Fehlschlüssen
führen kann. Aber es ist kein Zweifel, daß die Szene am Abend
vor der Hochzeit spielt, daß vor den Anakalypteria die Göttin
das Brautgemach betritt, in welchem die Jungfrau des Gatten
167) Köpp, Archäologie, II, S. 88ff.
168) Artikel ,,Eos“ bei Roscher ; filite ceram., II, 108 A—109 A.
169) Brückner, Athen. Mitt., 1907, S. lOlff.
1T0) M. Mayer liei Roscher s. y. Iris ; vgl. ßlite ceram., II, 47.
171) Anm. 169.
Rudolf Pagenstecher :
Griechc gezwungen war. 167) Wie oft versagt, wo diese fehlen,
nicht nur jedes Hilfsmittel unserer Wissenschaft, sondern auch
das Yerständnis der Alten!
So sind Iris, Eos und Nike völlig gleich, ursprünglich lang
bekleidet, fast ausnahmslos mit mächtigen Flügeln dargestellt
worden. Nike erkennen wir auf streng rotfigurigen Vasen, wenn
sie zum Altar schwebt, dem Vater Zeus oder dem Helden den
Trank spendet, Iris, wenn sie den Heroldsstab, den sie mit Hermes
teiit, in der Hand, ihrer Gebieter Befehle ausführt. Eos können
wir mit Sicherheit bezeichnen, wenn sie auf dem Wagen,
dem Phosphoros voranleuchtet, am Himmel auffährt oder, von
Aphrodite mit Liebesleidenschaft bestraft, dem jugendlich schönen
Kephalos nacheilt, wenn sie schließlich um das Geschick ihres
Sohnes trauert. 168) So weit, kämen wir in unserer Erkenntnis,
wenn nicht der Töpfer, sich und anderen zu Nutz und Frommen,
Beischriften zugefügt hätte, das Wesen der dargestellten Flügel-
mädchen zu erläutern. Durch sie erfahren wir, daß an Nikes
Stelle im Gemach der Braut, oder vielmehr der jungen Frau, auch
Eos erscheinen kann 169), daß Nike der Iris ihren Platz als Götter-
hotin streitig macht und den Flügelstab erhält, daß Iris dort er-
scheint, wo wir die Göttin des Sieges vermuten würden. 170) Da-
mit werden wir für die Würdigung der nicht beischriftlich he-
zeichneten Figuren nur vor noch schwerere Probleme gestellt.
Glücklicherweise können wir uns hei unseren Reliefs anders
weiterhelfen.
Iris, die Götterbotin, hat mit Eros zu wenig zu tun, um neben
ihn als Gefährtin treten zu können. Von ihr dürfen wir ohne
weiteres absehen. Durch Brückners schön durchdachte Aus-
führungen 171) dagegen könnte der Gedanke, hier Eos zu erkennen,
nahe gelegt werden. Wenn Aphrodite zu den Epaulia erschiene,
so wäre diese Deutung nicht ohne weiteres abzuweisen, obwohl
die Älmlichkeit dieser Göttin mit Nike leicht zu Fehlschlüssen
führen kann. Aber es ist kein Zweifel, daß die Szene am Abend
vor der Hochzeit spielt, daß vor den Anakalypteria die Göttin
das Brautgemach betritt, in welchem die Jungfrau des Gatten
167) Köpp, Archäologie, II, S. 88ff.
168) Artikel ,,Eos“ bei Roscher ; filite ceram., II, 108 A—109 A.
169) Brückner, Athen. Mitt., 1907, S. lOlff.
1T0) M. Mayer liei Roscher s. y. Iris ; vgl. ßlite ceram., II, 47.
171) Anm. 169.