Mohammedanische Städter, Fellachen u. Beduinen im heutigen Ägypten. 13
Plan, den Bräutigara noch in letzter Stunde seiner Verlobten
abwendig zu machen und ihn mit ihrer Tochter zu verheiraten.
Diesen Plan führte sie mit der größten Raffmiertheit aus. Sie redete
ihrem Manne vor, an ihrer Stieftochter sei seinerzeit die Be-
schneidung1 nicht vollständig vollzogen worden, weshalb jetzt, um
der Ehre des Mädchens willen, noch eine ergänzende Operation
notwendig erscheine («dljl ^»-1^1 ^.«j JjVl IgWA ^« Vü IgJ jLÜI O'
*LÜ) (j, Jju ö»\xj (jls)- Der törichte Mann schenkte ihren
Worten Glauben, worauf sie sich mit zwei Ptebammen (jhUs) in
Verbindung setzte, welehe dem Mädchen das Hymen zerstörten
(SjlsCl Ja*). Als nun der Bräutigam in cler Hochzeitsnacht die
Defloration vollziehen wollte, da erhoben die Stiefmutter und ihre
Helfershelferinnen ein gellendes Geschrei über die dem Hause wider-
fahrene Schande; denn clie Braut sei keine Jungfrau mehr. Hierauf
bestürmte das teuflische Weib den Bräutigam so lange, bis er
die Scheidung aussprach und schon drei Tage später mit ihrer
eigenen Tochter in aller Form verheiratet war. Es dauerte aber
nicht lange, so schöpften die Verwandten der betrogenen Braut
Verdacht und veranlaßten eine gerichtliche Untersuchnng, welche das
Verbrechen aufdeckte uncl die Schuldigen zur Verantwortung zog. —
Neben den Heiraten mit kaum reif gewordenen Mädchen gibt
es in Ägypten wie in allen mohammedanischen Ländern auch
wirkliche Kinderheiraten. Die Väter, oder nach deren Tode die
Großväter, haben das Recht, für ihre minderjährigen Ivinder bzw.
Enkel beiderlei Geschlechts gültige Ehekontrakte ('akd el-nikäh)
abzuschließen. Die Hochzeit fmdet in diesem Falle erst statt, wenn
clas Paar die Pubertät, erlangt hat. Solche Ileiraten sind nach
meinen Erkuncligungen am häufigsten zwischen Kindern befreundeter,
wohlhabender Familien.
Es ist aher auch gar nicht selten, dah erwachsene, ja sogar
mehr oder weniger bejahrte Männer sich auf diese Weise ein kleines
Mädchen zur Ehe verpflichten lassen, sei es aus Freundschaft für
die Eltern oder aus materiellen Interessen, sei es aus der sehr ver-
1 Die Mädcbenbescbneidung wird hier als etwas ganz übliches vorausgeseizt.
Das ist auch lieute noch ricbtig für die niedere Bevölkerung der Städte und die
Landbewobner. Der beidnische Brauch ist weit über die Welt verbreitet und hat
sich auch in andern Ländern unter der Herrschaft des Islam erhalten. Dagegen
gilt dem Mohammedaner nur die Knabenbeschneidung als notwendige religiöse
Pflicbt.
Plan, den Bräutigara noch in letzter Stunde seiner Verlobten
abwendig zu machen und ihn mit ihrer Tochter zu verheiraten.
Diesen Plan führte sie mit der größten Raffmiertheit aus. Sie redete
ihrem Manne vor, an ihrer Stieftochter sei seinerzeit die Be-
schneidung1 nicht vollständig vollzogen worden, weshalb jetzt, um
der Ehre des Mädchens willen, noch eine ergänzende Operation
notwendig erscheine («dljl ^»-1^1 ^.«j JjVl IgWA ^« Vü IgJ jLÜI O'
*LÜ) (j, Jju ö»\xj (jls)- Der törichte Mann schenkte ihren
Worten Glauben, worauf sie sich mit zwei Ptebammen (jhUs) in
Verbindung setzte, welehe dem Mädchen das Hymen zerstörten
(SjlsCl Ja*). Als nun der Bräutigam in cler Hochzeitsnacht die
Defloration vollziehen wollte, da erhoben die Stiefmutter und ihre
Helfershelferinnen ein gellendes Geschrei über die dem Hause wider-
fahrene Schande; denn clie Braut sei keine Jungfrau mehr. Hierauf
bestürmte das teuflische Weib den Bräutigam so lange, bis er
die Scheidung aussprach und schon drei Tage später mit ihrer
eigenen Tochter in aller Form verheiratet war. Es dauerte aber
nicht lange, so schöpften die Verwandten der betrogenen Braut
Verdacht und veranlaßten eine gerichtliche Untersuchnng, welche das
Verbrechen aufdeckte uncl die Schuldigen zur Verantwortung zog. —
Neben den Heiraten mit kaum reif gewordenen Mädchen gibt
es in Ägypten wie in allen mohammedanischen Ländern auch
wirkliche Kinderheiraten. Die Väter, oder nach deren Tode die
Großväter, haben das Recht, für ihre minderjährigen Ivinder bzw.
Enkel beiderlei Geschlechts gültige Ehekontrakte ('akd el-nikäh)
abzuschließen. Die Hochzeit fmdet in diesem Falle erst statt, wenn
clas Paar die Pubertät, erlangt hat. Solche Ileiraten sind nach
meinen Erkuncligungen am häufigsten zwischen Kindern befreundeter,
wohlhabender Familien.
Es ist aher auch gar nicht selten, dah erwachsene, ja sogar
mehr oder weniger bejahrte Männer sich auf diese Weise ein kleines
Mädchen zur Ehe verpflichten lassen, sei es aus Freundschaft für
die Eltern oder aus materiellen Interessen, sei es aus der sehr ver-
1 Die Mädcbenbescbneidung wird hier als etwas ganz übliches vorausgeseizt.
Das ist auch lieute noch ricbtig für die niedere Bevölkerung der Städte und die
Landbewobner. Der beidnische Brauch ist weit über die Welt verbreitet und hat
sich auch in andern Ländern unter der Herrschaft des Islam erhalten. Dagegen
gilt dem Mohammedaner nur die Knabenbeschneidung als notwendige religiöse
Pflicbt.