Metadaten

Schwally, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 17. Abhandlung): Beiträge zur Kenntnis des Lebens der mohammedanischen Städter, Fellachen und Beduinen im heutigen Ägypten — Heidelberg, 1912

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32892#0027
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Mohammedanische Städter, Fellachen u. Beduinen im heutigen Agypten. 27
welche clas Zikr ahhielten, Derwische seien, wurcle mir geantwortet:
Nein1, jede Gruppe bildet eine Mahabbä — Bei dem Mülid des
Zen el-'Äbidln (vgl. unten S. 30), dem ich vor acht Jahren beiwohnte,
wurde der jeden Abencl im inneren Hofe des Heiligtums stattfmdende
Zikr ebenfalls von Leuten in gewöfinlicher Kleidung ausgeführt.
Damals wurde mir aber gesagt, dies seien Refähje-Derwische, was
ein anderer in Leislje korrigierte. Diese abweichenden Informa-
tionen sincl woht so miteinander zu vereinigen, daß die Mitglieder
dieser Zikr-Gesellschaften nicht zu den in besondern Iläusern
(’tekkijeh) zusammen lebenden Derwisch-Orden gehören, sondern
nur solchen Orden affiliiert sind.
In clen engeren Teilen der uni die Moschee herumführenden
Gassen saßen in langen Reihen Bettler und Bettlerinnen, clie bei
Sidna Hosen Almosen heischten, sowie Wahrsager (seh) und
Wahrsagerinnen (sehci). In der Nähe clieser heiligen Personen
war das Menschengewühl um so unheimlicher, als clie Beleuchtung
hier viel zu wünschen ließ.
Das f'estliche Gepränge, das während des größten Teiles des
Mülid auf clie Häuser und Strahen in unmittelbarer Nähe der
Moschee beschränkt war, clehnte sich in clen letzten Tagen des-
selben auf ctie ganzen umliegenclen Stadtquartiere aus, besonders
auf cliejenigen zwischen der Moschee uncl dem Bäb Zuwele. Man
sah in den Straßen jetzt viele fremde Gesichter auftauchen, nament-
lich Fellachen uncl Kleinstädter aus cler Provinz, die zum Teile
weite Reisen gemacht hatten und von cler Beteiligung am Feste
einen Segen (baraJcä) ocler auch nur ein Vergnügen erwarieten.
Am Mittag cles 28. Rabr I = 16. April bewirtete mich ein
Kauf'mann beim Bäb Zuwele zu Ehren Hosen’s mit Kuskus {^SCj^),
einer Mischung aus geschrotenem Getreide mit eingelegten Rosinen
und Stücken von Llammel- und Hühnerfleisch.
Auf diesen Tag folgte die Hauptnacht des Festes, die sogenannte
leile kebire. Meine Freunde warnten mich, in ctieser Nacht in die
Nähe der Moschee zu gehen, wegen des fürchterbchen Gedränges
und cler Gefahr vor Taschendieben. Deshalb folgte ich cler Ein-
laclung eines Kaufmanns nach dem Sük el-Fahhämln. Der sonst
1 Die nicht nur in Ägypten, sondern auch in Syrien und der Türkei be-
liebteste Geste der Verneinung besteht darin, daß man den Kopf etwas hebt und
mit der Zunge schnalzt. Namentlich im Verkehr mit Händlern und zur Abwehr
jeder Art von Zudringlichkeit ist diese einfache Geste wirkungsvoller als alle
Worte.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften