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Gothein, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 3. Abhandlung): Rafael und der Abt Gregorio Cortese — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32878#0005
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Rafael un'd der Abt Gregorio Gortese.

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habe, besser vor Regen zu schützen, vor allem strenge Durch-
führung der dorischen Ordnung großer Säulen, so daß es fast
nichts dem Altertum nachgebe. Auch für einen entsprechenden
Bodenbelag trägt er Sorge. Natürlich darf eine große Bibliothek
nicht fehlen; sie soll als Mittelpunkt einen Erd- und Himmels-
globus erhalten. Man sieht.: der Erneuerer wissenschaftlicher
Tätigkeit seines Ordens will aueh die Klosteranlagen auf
klassische Höhe hringen.
Aber sein Ehrgeiz geht nach einem köstlicheren Schmuck.3)
Er hat sich durch eine Mittelsperson an Rafael, den ausge-
zeichnetsten Maler dieser Zeit, gewandt mit der Anfrage, ob er
geneigt sei, die Schmalwand des Refektoriums auszumalen. Die
Ctröße der Wand war schon vorher von ihm auf 30 Fuß ange-
geben. Rafael hat zögernd geantwortet. Aus seinen Äußerungen
war zu entnehmen, daß er nur noch sehr ungern Rom verlassen
würde, doch werde er es bei einem sehr hohen Preise tun. Was
darunter zu verstehen sei, machte sich Gortese klar: Tausend
Ctoldstücke seien für Rafael nur ein Spaß. Seufzend entschloß
er sich, mit Rücksicht auf seine Klostereinkünfte den Wettbewerb
mit einem Leo X. aufzugeben. Es fand sicli ein - - anonym ge-
hliebener Maler, der die Arbeit für 300 Goldstücke übernahm;
und der gelehrte Best.eller tröstete sich: „Kann ich Apelles nicht
haben, so wird es vielleicht ein Parrhasius sein“.
Üher den Ctegenstand des Bildes kann kein Zweifel sein:
An diesem Platze eines Refektoriiuns durfte nur eine Darstellung
erscheinen: das Ahendmahl. Die größten Ivünstler der Re-
naissance von Castagno und Ghirlandajo a.n zu Andrea del Sarto
hatten Meisterwerke aus diesem Gegenstand geschaffen, Leonardo
hatte ihm seine ewig gültige Gestalt gegehen. Es war zum Wett-
kampf mit diesem Größten, daß Cortese Rafa.el aufforderte.
Er träumte wohl davon, mit seinem Refektorium das von Santa
Maria delle Cfrazie zu übertreffen, wie er mit seinem strengen
dorischen Peristyl die zierlichen gekuppelten Säulchen, clie Bra-

3) Ich setze die Stelle hierher: Raphaelem pictorem aetate nostra, ut nosti;
veteribus iliis excellentissimis comparandum conveniendum curavi, ut coena-
tionis interiorem frontem pingeret. Is ita respondit, ut gravate admodum
Romam se relicturum esse ostenderet : nec si id faceret maxima sine mer-
cede esse facturum, ut mihi videatur mille illi aureorum nummum ludibrio
futurum esse. Ouare alterum repperi, qui idem opus trecent.is aureis nummis
absolvet, etsi non Apelles forte tamen Parrhasius futurus.
 
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