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Gothein, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 4. Abhandlung): Textorum dicta — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32879#0004
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Eberhard Gothein :

späßen. Die Worte, an denen er sich ergötzt, müssen vielmehr
Redensarten sein, die alle Weber brauchen, was dann nur hei
ihrer Arbeit sein kann. Und diese Worte müssen gewöhnlich
beim Würfelspiel verwandt werden — natürlich nicht in guter
Gesellscha.ft, aber in den Kreisen, aus denen Trimalchio stammt.
Nun wissen wir, daß in der Tat beim Spiel solche ständigen
Ausrufe, ehe man die Würfel auf die Tafel oder in den kleinen
T'urm schüttelt, gehräuchlich waren. Pla.utus läßt den Spitz-
buben Curculio vom Würfelspiel hei einem Zechgelage herichten.
Hier ruft der Kumpan, ehe er den Würfel wirft, den Namen
seiner Geliehten2), Curculio selbst den „seiner milden Amme“ •—
des Herkules. Das ist etwas wie eine Anrufung um Schutz
und Beistand oder ein Wunsch, den man, wie der Würfel fällt
— es gibt ja neben Los- auch Würfelorakel —, in Erfüllung
gehen sehen möchte. So ruft der verliebte Alte in der Asinaria
nebenbei auch „Tod meiner Frau“.3 4) Da das Würfeln immer
eine etwas plebejische Unterhaltung bleibt, die aber wie „die
Kinderei zur rechten Zeit“ auch einmal den Ernsten und Würdigen
auf ihr Niveau zieht, so könnte Trimalchio einen recht erlauchten
Genossen haben. Augustus suchte bekanntlich seine Erholung
gern beim Würfeltürmchen, wenn auch nur pepovTiKujg bei einem
Spielchen, wie es alten Herren ziemt. Junge Leute aber sind
hitziger bei der Sache und scherzhaft berichtet der Kaiser seinem
Stiefsohn Tiberius, wie dessen Bruder Drusus, sein eigener
Liebling, mit lauten Rufen sein Spiel begleitet habe. Das
könnten wohl Spielworte gewesen sein, aber vielleicht hat sich
Drusus nur über sein anfängliches Verlieren ereifert und sich
wieder beruhigt, als es zum Schluß noch leidlich für ihn ausging.
Da hätte er freilich zum Ergötzen seines StieWaters einer noch
übleren Spielerunsitte nachgegeben, als es Trimalchios Weber-
worte warend)
Später, soweit es bei Spielgebräuchen ein früher und später
gibt, sind es scherzhafte Redensarten, die man stehend verwendet.
So berichtet Apollinaris Sidonius launig von einem Landauf-
2) Ebenso Plautus, Cap. I, 73, sibi amator talos quom jacit scortum
invocat.
3) Asinaria, 904 f., „te Philaesium mihi atque uxori mortem“.
4) Sueton, Any, 71, Lusimus enim per omnes dies, forumque aleatorium
calfecimus. Frater tuus magnis clamoribus rem gessit. Ad summam tamen
perdidit non multum etc.
 
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