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Gothein, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 4. Abhandlung): Textorum dicta — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32879#0003
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„Textorum dicta“S)
von
Eberhard Gothein
in Heidelberg
Die Cläste sincl im Hause des Trimalchio versammelt; nur
der Wirt läßt noch auf sich warten —, natürlich mit Absicht, wie
es einem großen Herrn nach Ansicht aller Parvenüs geziemt. Aucli
als er in pomphaft lächerlichem Aufzug erscheint, hat er es nicht
eilig. In seiner Weise herablassend höflich ersucht er die Gäste,
ihm zu gestatten, erst sein Spielchen zu beenden. Dies spielt
er mit sich selber auf kostbarer Spielta.fel, die ihm ein Sklave
nachträgt, mit Gold- und Silberstücken als Marken und mit Wür-
feln aus Bergkristall. Auch hierbei benimmt er sich etwas selt-
sam. Ungestört durch die Anwesenheit der Fremden führt er
eine mündliche Unterhaltung mit sich — „omnium textornm
dicta inter lusum consumit“. „Er verhrauchte bei seinem Spiel
sämtliche Ivnotenspäße“ übersetzt Friedländer in seinem aus-
gezeichneten Kommentar offenhar unrichtig; denn es heißt doch
ehen wörtlich: Er schmaust oder „er weidet sich an den Redens-
arten aller Weber“. Warum 'gerade die Weber Vertreter der
Ptumpheit sein sollen, ist. nicht ersichtlich. Man hat ihnen später
als andere Üble eher nachgesagt.1)
Knotenspäße wollen zu der Situation gar nicht passen. Die
Komik dieser Szene wie der ganzen Romanepisode liegt ja eben
darin, daß Trimalchio, dieses unerreichte Vorbild aller Protzen,
sich fein und vornehm nonchalant benehmen will und dabei un-
fehlhar in plebejische Gewohnheiten zurückverfällt. Er will
seinen Gästen imponieren — clas tut man nicht mit Knoten-
*) Eine Erläuterung zu Petronius 32.
x) FRIEDLÄNDER beruft sich auf Mariicd XII, 59. Aber dort steht nichts
anderes, als daß eine ältliche Schöne, die an Anzahl der empfangenen Küsse
Catulls Lesbia weit übertrifft, ganz Rom gehört und ihre Verehrer im
Proletariat fmdet: struppige Bauern, Weber, Walker, Schuster. „Schuster
und Schneider“ würden wir jetzt sagen.

l*
 
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