Textorum dicta.
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Prügeldekret begrüßt auch geschmackvoll den Eintretenden gleich
an der Haustür, im übrigen aber geht es lustig her in der
Dienerschaft, und der Herr selber fühlt sich im Grunde nur in
dieser Sphäre, der er selber entstammt — auch damit spielt er
sich wie mit allem in Wort und Bild auf -— recht wohl. Für
einen Petron aber ist Lautlosigkeit, Unhörbarkeit der Dienerschaft,
die erste Bedingung eines feinen Hauses, wie heiite in einem
solchen der Köchin das Singen in der Küche untersagt ist, das
die Bürgersfrau gerne duldet und mitbetreibt. Unter allen Ge-
schmacklosigkeiten in der Villa Trimalchios tun die akustischen
den verwöhnten Ohren am meisten weh. Die Sklaven singen,
und der Herr wirft mit Weberworten um sich.
Daß gerade die Redensarten dieser Handwerker für das
Würfelspiel nutzbar gemacht wurden, daftir gibt es wohl noch
einen besonderen Anlaß. Bücher hat überzeugend den Zu-
sammenhang von Arbeit, Spiel und Rhythmus nachgewiesen, in-
dem die gebräuchlichsten Spiele nur Nachbildungen von Arbeits-
vorgängen sind, der Rhythmus aber den Vermittler bildet. Nun
ist natürlich nicht daran zu denken, daß jemals Würfel- oder
Knöchelspiel Nachahmung der Weberei gewesen wäre; sie waren
von jeher reine Zufallsspiele. Wohl aber war auch hier eine
Analogie, eine nachträgliche Anlehnung möglich. Sie liegt iin
Werfen des Würfels, wobei ja die rhythmischen Worte ausge-
sprochen werden. Es gleicht dies, wie wir schon sahen, dem
Werfen des Schiffchens — und so wurde durch sinnlose Worte
noch jener entfernte Schein der Arbeit gewahrt, den das Spiel
zu allen Zeiten begehrt hat.
Der alte Spekulant Trimalcliio aber, den bei seinen geschäft-
lichen Operationen die Würfel des Schicksals bald den Venus- und
bald den Canis-Wurf hatten erproben lassen, den aber dann die
Fortuna am Kinn gefaßt und mit sich erhoben batte, er nahm
es jetzt als wohlbestallter Sevir Augustalis und Großgrundbesitzer
mit dem Würfelspiel — und gewiß nicht nur vor seinen Gästen •—
gewaltiig ernst und ließ sich in den „dicta omnium textorum“
nicht stören.
Warum sollten wir sie nicht auch einen Augenblick ernst
nehmen ?
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Prügeldekret begrüßt auch geschmackvoll den Eintretenden gleich
an der Haustür, im übrigen aber geht es lustig her in der
Dienerschaft, und der Herr selber fühlt sich im Grunde nur in
dieser Sphäre, der er selber entstammt — auch damit spielt er
sich wie mit allem in Wort und Bild auf -— recht wohl. Für
einen Petron aber ist Lautlosigkeit, Unhörbarkeit der Dienerschaft,
die erste Bedingung eines feinen Hauses, wie heiite in einem
solchen der Köchin das Singen in der Küche untersagt ist, das
die Bürgersfrau gerne duldet und mitbetreibt. Unter allen Ge-
schmacklosigkeiten in der Villa Trimalchios tun die akustischen
den verwöhnten Ohren am meisten weh. Die Sklaven singen,
und der Herr wirft mit Weberworten um sich.
Daß gerade die Redensarten dieser Handwerker für das
Würfelspiel nutzbar gemacht wurden, daftir gibt es wohl noch
einen besonderen Anlaß. Bücher hat überzeugend den Zu-
sammenhang von Arbeit, Spiel und Rhythmus nachgewiesen, in-
dem die gebräuchlichsten Spiele nur Nachbildungen von Arbeits-
vorgängen sind, der Rhythmus aber den Vermittler bildet. Nun
ist natürlich nicht daran zu denken, daß jemals Würfel- oder
Knöchelspiel Nachahmung der Weberei gewesen wäre; sie waren
von jeher reine Zufallsspiele. Wohl aber war auch hier eine
Analogie, eine nachträgliche Anlehnung möglich. Sie liegt iin
Werfen des Würfels, wobei ja die rhythmischen Worte ausge-
sprochen werden. Es gleicht dies, wie wir schon sahen, dem
Werfen des Schiffchens — und so wurde durch sinnlose Worte
noch jener entfernte Schein der Arbeit gewahrt, den das Spiel
zu allen Zeiten begehrt hat.
Der alte Spekulant Trimalcliio aber, den bei seinen geschäft-
lichen Operationen die Würfel des Schicksals bald den Venus- und
bald den Canis-Wurf hatten erproben lassen, den aber dann die
Fortuna am Kinn gefaßt und mit sich erhoben batte, er nahm
es jetzt als wohlbestallter Sevir Augustalis und Großgrundbesitzer
mit dem Würfelspiel — und gewiß nicht nur vor seinen Gästen •—
gewaltiig ernst und ließ sich in den „dicta omnium textorum“
nicht stören.
Warum sollten wir sie nicht auch einen Augenblick ernst
nehmen ?