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Gothein, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 5. Abhandlung): Platos Staatslehre in der Renaissance — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32880#0015
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Platos Staatslelire in der Renaissance.

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punkt jedes einzelnen Dialogs zu stellen, findet er aucli jetzt
clen der Gesetze, den allein richtigen oder wenigstens den
höchsten. Drei große Philosophen, so führt er aus, Pythagoras,
Sokrates, Plato, im Vergleich zu denen Aristoteles nur als ein
mittleres Talent erscheine, vergegenwärtigen das Verhalten zum
Leben: Pythagoras ist der Kontemplative, Sokrates der Han-
delnde, Plato vereinigt beicle. Die Politie, obwohl doch in ih'r
Sokrates Gesprächsleiter ist, erscheint ihm jetzt als ein wesentlich
pythagoräisch-theoretisches Werk, in den Gesetzen komme Plato
selbst zum vollkommenen Ausdruck, wie er sich denn auch
im Athener dargestellt habe. Als der wichtige praktische LTnter-
schied zum Staat ergibt sicli ihm selbstverständlich clie Zu-
lassung des Privateigentums und der Familie. Hiervon — so füh'rt
er ganz richtig aus — hängt alles weitere ab, indem nun erst bei
einem verwickelteren gesellschaftlichen Zustancl die Mannig-
faltigkeit der Gesetze nötig werde. Wenn er nun pflichtgemäß
diese Gesetze auch einzeln durchgeht, tut er es doch ohne rechtes
Interesse; das Herz geht ih'm erst aüf, wo er den pädagogischen
Zug auch dieses Staatsbildes hervorheben kann. Eifrig nimmt
er Plato gegen diejenigen in Schutz, denen seine Maßregeln,
insbesondere die Regulierung der Kunst, zu kleinlich erscheinen
könnten; denn für ein Volk, bei dem die künstlerische Erziehung
so viel bedeute wie bei den Griechen, seie-n das keine Kleinig-
keiten.8) —- Man ahnt im voraus Savonarolas Kunstpolizei, die
einzige, die jemals die Künstler selbst begeistert hat. Sein Ent-
zücken spricht er über die Forderung Platos aus, den einzelnen
Gesetzen belehrende Einleitungen vorauszuschicken; so werde
ihre notwendige Strenge von vornherein durch erziehliche Be-
lehrung gemildert. Auch scheint ihm jedes Gesetzesverbot ver-
geblich, wenn nicht beständige Sittenaufsicht durc.h eigene Be-
hörden hinzutrete.9) Man könnte in Ficinus Sinne sagen: Die
erziehliche Wirksamkeit der Polizei erscheint ihrn größer als die
der Gesetze.
Nie aber ermüdet er, seine Zustimmung zu der durchgehenden
religiösen Begründung des Staatswesens auszusprechen. Der
Einfluß Picos, dem zuliebe er diesmal die Zahlenmystik ernst-
haft behandelt und dessen Liebling Avicenna er als Eideshelfer
8) Bekanntlich gibt LESSING im Laokoon gelogentlich demselben Gedan-
ken Raum.
9) Dies im Kommentar zu den Briefen, epp. 11.
 
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