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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 6. Abhandlung): Die Vorgeschichte der Berufung Luthers auf den Reichstag zu Worms 1521 — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32881#0006
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6

Hans von Schubert :

der Frage hingewiesen, von weicher Seite der Gedanke aus-
gegangen sei. Im folgenden möchte ich darauf zurückkommen,
die Entstehung des Gedankens verfolgen, das Material zusammen-
stellen und erweitern, ohne den Anspruch erschöpfender Be-
handlung zu erheben.
Man wird davon ausgehen müssen, daß bereits in der Vor-
ladung Luthers vor Ca.jetan am Schluß des Reichstags von Augs-
burg 1518 und seinem Verhör daselbst eine gewisse Vorbe-
reitung auf die späteren Vorgänge lag, eine erste Berührung
der Luthersache mit der politischen Schaubühne. Gewiß, das.
Verhör hing nur äußerlich mit dem Reichstag zusammen, sollte
nur im Anschluß an denselben statthnden und stellte einen
bereits notorischen Ketzer allein vor den päpstlichen Legaten,
der die Vollmacht zur Verurteilung in der Tasche hatte. Aber
die Form bedeutete doch gegenüber der vorhergegangenen Zitation
nach Rom und auch gegenüber dem Breve vom 23. August, das
seine Verhaftung zwecks Vorführung ins Auge faßte und seine
Auslieferung nach Rom befahl, falls er nicht widerriefe, eine
Milderung in der Richtung auf die vom Kurfürsten vertretene
Grundforderung, Luther vor em deutsches Schiedsgericht zu
stellen, und diese Milderung war nicht unabhängig von den Er-
fahrungen, die der Vertreter des Papstes auf diesem Reichstag
in bezug auf entscheidende politische Forderungen machtet)
Verspürte Luther hier zuerst einen Hauch des nationalen
Lehens, so wurden die andern auf den Zusammenhang der po-
litischen und religiösen Frage gestoßen. Wie in dem Breve vom
23. August darauf gerechnet war, daß Kaiser und Reichsstände bei
der Festnahme Luthers hilfreiche Hand leisteten, so stand umge-
kehrt dem Ketzer nun das kaiserliche Geleit zur Seite.?) Man sah

3) Vgl. auch, wie Kurfürst Friedrich in der Unterredung mit den Nuntien
6. Nov. 1520 in Köln die Verhandlung sub conventu Augustano an die Spitze
seines Rückblicks stellte. Luth. opp. var. arg. V, 246.
s) Über die Notorietät der Lutherschen Häresie, das summarische Ver-
fahren, die Bedeutung des Breve vom 23. Aug. und die Verhandlungen zu
Augsburg s. K. MÜLLER, ZÜRFurs röm. Pro^a/l, Z. /. AG., XXIV (1903),
S. 63ff. ; P. IvALKOFF, Zw L.'g yo'7%. Pro^e/1, ebenda, XXV (1904), S. 274ff. ;
ders., P.'s rom. Pro^e/1 P pfgn/?. 7RsZ. ZwR. 7% Row,
2, 1905), S. 150 (Die Abmachungen zwischen Cajetan u. d. Kurf.) ; ders.,
Zu P.'g rühm Pro^e/1, Z. /. AG., XXXIII (1912), S. 52ff.
?) ENDERS, Zü'Ze/MA P.'$, I, 269.
 
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