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Josef Partsch:
tur actio quae appellatur negotiorum gestorum. Diese hüben und
drüben zustehenden Klagen sind, da sie auf der ediktalen Ver-
heißung beruhen, natürlich mit formulae in factum conceptae ge-
bildet. Wer sich auf diese Stelle stützt, um die actio des gestor
für die allein im Edikt versprochene zu erklären 1, übersieht, daß
die Worte, auf welche dieser Schluß gegründet werden könnte,
wahrscheinlich interpoliert sind: Si quis absentis negotia gesserit
.... [habet] (F: habeat) eo nomine [actionem]: itaque eo casu
ultro citroque nascitur actio quae appellatur negotiorum gestorum.
Den Worten nach bezieht sich das allerdings nur auf die actio
contraria des gestor. Aber den Worten nach steht auch da, daß
in diesem Falle, nämlich bei der actio contraria des gestor, ultro
citroque eine actio, die actio negotiorum gestorum, entsteht.
Diese Denkform der doppelseitigen Klage bei der actio negotio-
rum gestorum contraria kann in anderem Zusammenhange als
byzantinisch erwiesen werden. Der Klassiker konnte die Erwäh-
nung der gegenseitigen Ansprüche nicht als Erläuterung zu der
Feststellung geben, daß der gestor ,,die actio habe“. Diese Fest-
stellung selbst rechtfertigt logisch das folgende itaque nicht, es
sei denn, daß man sich auf den Standpunkt der byzantinischen
Schultheorie stellt, nach welcher alle bonae fidei iudicia solche
ultro citroque entstehenden actiones sind und stets die Erhebung
einer Klage mit bona fidei actio die Rechtshängigkeit der Konträr-
klage als stillschweigende Widerklage herbeiführt 2. Im Stile der
Klassiker ist der Passus habet . . . actionem, itaque eo casu ultro
citroque nascitur actio unlogisch, breit und schleppend. Bei
Gaius ist es unerhört, daß nach dem verallgemeinernden Relativ-
satz mit quidquid . . . nicht das Demonstrativum eo nomine an
der Spitze des Nachsatzes steht 3; endlich mußte im Kommentar
1 Karlowa a. O. 671. Ferrini, bull. 7, 89. Segre a. 0. p. 306.
2 Diese Tatsache soll in einer Studie über das Synallagma nachgewiesen
werden. Die Echtheit des itaque — gestorum in D. 3, 5, 2 wird jetzt
von Segre, Melanges Girard 2, p. 585 Anm. bezweifelt. —
3 Gai. 2, 91: ut quidquicl ex re nostra vel ex operis adquirant, id nobis
adquiratur: 2,252; quidquid hereditario nomine condemnatus solvisset siue
quod alias bona fide dedisset, eo nomine indemnis esset 2, 270 a: quidquid
in codicillis scripserit, id ratum sit. Ebenso alle römischen Prozeßformeln
mit intentio incerta: quidquid . . . oportet eius . . . condemnato. Ferner
beispielsweise nochD. 28, 6, 8, 1; D. 29, 7, 3 pr.; D. 30, 123 pr.; D. 50, 16, 70.
Eine Durchsicht speziell des Sprachgebrauches des Gaius ergab, daß das
Demonstrativum nach dem verallgemeinernden Relativpronomen nur bei
kurzen Sätzen fehlt, in denen quidquid Akkusativobjekt oder Subjekt des
Josef Partsch:
tur actio quae appellatur negotiorum gestorum. Diese hüben und
drüben zustehenden Klagen sind, da sie auf der ediktalen Ver-
heißung beruhen, natürlich mit formulae in factum conceptae ge-
bildet. Wer sich auf diese Stelle stützt, um die actio des gestor
für die allein im Edikt versprochene zu erklären 1, übersieht, daß
die Worte, auf welche dieser Schluß gegründet werden könnte,
wahrscheinlich interpoliert sind: Si quis absentis negotia gesserit
.... [habet] (F: habeat) eo nomine [actionem]: itaque eo casu
ultro citroque nascitur actio quae appellatur negotiorum gestorum.
Den Worten nach bezieht sich das allerdings nur auf die actio
contraria des gestor. Aber den Worten nach steht auch da, daß
in diesem Falle, nämlich bei der actio contraria des gestor, ultro
citroque eine actio, die actio negotiorum gestorum, entsteht.
Diese Denkform der doppelseitigen Klage bei der actio negotio-
rum gestorum contraria kann in anderem Zusammenhange als
byzantinisch erwiesen werden. Der Klassiker konnte die Erwäh-
nung der gegenseitigen Ansprüche nicht als Erläuterung zu der
Feststellung geben, daß der gestor ,,die actio habe“. Diese Fest-
stellung selbst rechtfertigt logisch das folgende itaque nicht, es
sei denn, daß man sich auf den Standpunkt der byzantinischen
Schultheorie stellt, nach welcher alle bonae fidei iudicia solche
ultro citroque entstehenden actiones sind und stets die Erhebung
einer Klage mit bona fidei actio die Rechtshängigkeit der Konträr-
klage als stillschweigende Widerklage herbeiführt 2. Im Stile der
Klassiker ist der Passus habet . . . actionem, itaque eo casu ultro
citroque nascitur actio unlogisch, breit und schleppend. Bei
Gaius ist es unerhört, daß nach dem verallgemeinernden Relativ-
satz mit quidquid . . . nicht das Demonstrativum eo nomine an
der Spitze des Nachsatzes steht 3; endlich mußte im Kommentar
1 Karlowa a. O. 671. Ferrini, bull. 7, 89. Segre a. 0. p. 306.
2 Diese Tatsache soll in einer Studie über das Synallagma nachgewiesen
werden. Die Echtheit des itaque — gestorum in D. 3, 5, 2 wird jetzt
von Segre, Melanges Girard 2, p. 585 Anm. bezweifelt. —
3 Gai. 2, 91: ut quidquicl ex re nostra vel ex operis adquirant, id nobis
adquiratur: 2,252; quidquid hereditario nomine condemnatus solvisset siue
quod alias bona fide dedisset, eo nomine indemnis esset 2, 270 a: quidquid
in codicillis scripserit, id ratum sit. Ebenso alle römischen Prozeßformeln
mit intentio incerta: quidquid . . . oportet eius . . . condemnato. Ferner
beispielsweise nochD. 28, 6, 8, 1; D. 29, 7, 3 pr.; D. 30, 123 pr.; D. 50, 16, 70.
Eine Durchsicht speziell des Sprachgebrauches des Gaius ergab, daß das
Demonstrativum nach dem verallgemeinernden Relativpronomen nur bei
kurzen Sätzen fehlt, in denen quidquid Akkusativobjekt oder Subjekt des