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Josef Partsch:
Es ist schief, clen Fall des dominus ignorans und den des dominus
absens zu scheiden. Denn der dominus ignorans wird, von
spitzfindigen Einzelfällen abgesehen, eben im prozessualen Sinne
in jure ein absens sein, und nicht jeder dominus absens steht
im Yerhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag zu dem Pro-
kurator, der für ihn den Sklaven im Noxalprozesse defendiert.
Der Klassiker schrieb wohl: qui servum meum sine mandatu me
absente in noxali causa defenderit oder: qui servum meum
me sine mandatu absente . . . defenderit.
Danach möchte ich als siclier betrachten, daß im Edikte
de negotiis gestis wie in den ediktalen formulae in factum con-
ceptae des Musterfalles das Nichtvorliegen eines Mandates an
den gestor erwähnt war. Die Konsequenzen dieser Anschauung
sincl für unsere rechtsgeschichtliche Auffassung des Ediktes wie
für unsere Beurteilung der klassischen Praxis in der Lehre der
negotiorum gestio nicht unbedeutend. Während die bisher ange-
nommene Fassung es aufs Konto einer freisc.haffenden prätori-
schen Praxis und einer aus dem Nichts clie Regel findenden Juris-
prudenz setzte, daß der Begriff der negotiorum gestio abgegrenzt
wurde, uncl die eigenartige Subsidiarität des Anspruchs aus Ge-
schäftsführung ohne Auftrag sich herausbildete, steht jetzt am
Anfang der Entwicklung ein prätorisches Edikt, clas positiv aus-
drückt, daß die gestio nur dort zu dem besonderen Anspruch
und der Haftung führt, wo ein Mandat weder vom dominus noch
von einem Dritten erteilt war. Die Nachrichten über die Tendenz
des Ediktes(D. 3, 5, 1, 2, Inst. 3,27 pr.) wirkennicht mehr alspseudo-
historische Notizen, was sie gewiß nicht sein wollen, sondern als Ein-
führung zu demjenigen Texte des Ediktes, welcher noch der klassi-
schen Praxis zugrunde lag. Die Hypothese, welche dereinst durch den
justinianischen Ediktstext mit Notwendigkeit auf die Annahme ge-
drängt war, daß es geschichtlich einen allgemeinen Begriff der
gestio gegeben habe, aus dem sich erst allmählich die besonderen
Rechtsinstitute der Tutel und des Mandates abgesondert hätten,
verliert jetzt erst ihre GrundJage. Aber was wir gewinnen, ist
vielleicht wichtiger als jene historische Hypothese. Denn klar
ist, daß derjenige Reclitsgedanke, den Wlassak historisch ver-
werten wollte, eben der prätorischen Praxis zugrunde gelegen
haben muß, welche im Edikt de negotiis gestis die Voraussetzungen
derAnsprüche aus der auftragslosen Geschäftsführung formulierte.
Es ist an anderer Stelle schon von H. Peters darauf aufmerk-
Josef Partsch:
Es ist schief, clen Fall des dominus ignorans und den des dominus
absens zu scheiden. Denn der dominus ignorans wird, von
spitzfindigen Einzelfällen abgesehen, eben im prozessualen Sinne
in jure ein absens sein, und nicht jeder dominus absens steht
im Yerhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag zu dem Pro-
kurator, der für ihn den Sklaven im Noxalprozesse defendiert.
Der Klassiker schrieb wohl: qui servum meum sine mandatu me
absente in noxali causa defenderit oder: qui servum meum
me sine mandatu absente . . . defenderit.
Danach möchte ich als siclier betrachten, daß im Edikte
de negotiis gestis wie in den ediktalen formulae in factum con-
ceptae des Musterfalles das Nichtvorliegen eines Mandates an
den gestor erwähnt war. Die Konsequenzen dieser Anschauung
sincl für unsere rechtsgeschichtliche Auffassung des Ediktes wie
für unsere Beurteilung der klassischen Praxis in der Lehre der
negotiorum gestio nicht unbedeutend. Während die bisher ange-
nommene Fassung es aufs Konto einer freisc.haffenden prätori-
schen Praxis und einer aus dem Nichts clie Regel findenden Juris-
prudenz setzte, daß der Begriff der negotiorum gestio abgegrenzt
wurde, uncl die eigenartige Subsidiarität des Anspruchs aus Ge-
schäftsführung ohne Auftrag sich herausbildete, steht jetzt am
Anfang der Entwicklung ein prätorisches Edikt, clas positiv aus-
drückt, daß die gestio nur dort zu dem besonderen Anspruch
und der Haftung führt, wo ein Mandat weder vom dominus noch
von einem Dritten erteilt war. Die Nachrichten über die Tendenz
des Ediktes(D. 3, 5, 1, 2, Inst. 3,27 pr.) wirkennicht mehr alspseudo-
historische Notizen, was sie gewiß nicht sein wollen, sondern als Ein-
führung zu demjenigen Texte des Ediktes, welcher noch der klassi-
schen Praxis zugrunde lag. Die Hypothese, welche dereinst durch den
justinianischen Ediktstext mit Notwendigkeit auf die Annahme ge-
drängt war, daß es geschichtlich einen allgemeinen Begriff der
gestio gegeben habe, aus dem sich erst allmählich die besonderen
Rechtsinstitute der Tutel und des Mandates abgesondert hätten,
verliert jetzt erst ihre GrundJage. Aber was wir gewinnen, ist
vielleicht wichtiger als jene historische Hypothese. Denn klar
ist, daß derjenige Reclitsgedanke, den Wlassak historisch ver-
werten wollte, eben der prätorischen Praxis zugrunde gelegen
haben muß, welche im Edikt de negotiis gestis die Voraussetzungen
derAnsprüche aus der auftragslosen Geschäftsführung formulierte.
Es ist an anderer Stelle schon von H. Peters darauf aufmerk-