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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0045
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Studien zur Negotiorum Gestio I.

45

actio negotiorum gestorum utilis meint. Und dadurch, daß die
hierher gehörende (Anm. 1, S. 44) Stelle aus Julians Digesten schon
bei ihrem Verfasser zur Rubrik de negotiis gestis geschrieben war 1,
ist dasselbe Ergebnis sichergestellt 2.

In allen drei Fällen, in denen wir hier eine nicht ediktale,
vom Klassiker als dekretal empfohlene Klage aus negotiorum
gestio nachweisen konnten, handelt es sich darum, daß ein Han-
deln des gestor in eigener Sache vorlag, aber der gestor durch
seine Handlung praktiscli Interessen eines Dritten gedient hatte.
Es sind zum Teil Fälle, in denen das Wort Painians zutrifft, das
wir obenfür D. 16,1, 7bei der Begründung einer sicheren actio utilis
negotiorum gestorum fanden: pecunia eius (sc. gestoris) liberatur.
Es ist sicher kein Zufall, daß Thalelaios eben diese Worte zur Be-
gründung der actio utilis negotiorum gestorum des contutor in dem
eben berufenen Scholion gebraucht (Heimb. 3, 785, sch. 2: oV Sta
TTfi xaraßoZ^ eXsubEpcoöa^ auTov). Auf dem Dienstbarsein für
fremdes Interesse ruhte die analoge Anwendung des Ediktes über die
negotiorum gestio bei den actiones utiles, welche wir betrachtet haben.
Der Grund für diese analoge Anwendung des ediktalen Rechtsschutzes
der negotiorum gestio kann dabei kaum einheitlich bestimmt werden:
im Falle D. 17, 1, 22, 10 ist es die Notwendigkeit, zwischen den
am Konkurs beteiligten Glänbigern und den anderen einen Aus-
gleich in bezug auf den Rechtserwerb durch Geschäfte des curator
bonorum zu schaffen. Bei dem Ausgleichungsanspruch zwischen
den contutores soll clie Haftungslast clieser Korrealschulclner des
klassischen Systems 3 im Innenverhältnis verteilt und zugleich
so verschoben werden, daß nur der Schuldige sie am Encle trägt.
Eine actio negotiorum gestorum utilis hat hier durch Ausschaltung
des Erfordernisses, daß zur ediktalen negotiorum gestio notwendig
ein fremdes Geschäft vorliegen müsse, sehr verschiedenen Be-
dürfnissen Abhilfe geboten. Justinians Leute ließen diese Einzel-
entscheidungen in der Koclifikation stehen, indem sie nur für den
Fall des Tutorenrückgriffs die prozessuale Etikette veränderten:

1 .Julian fr. 45.

2 Damit erledigt sich die Darlegung Solazzis, minore etä, p. 100 ff.,
der diese actio utilis des justinianischen Digestentextes als eine von den
Kompilatoren getroffene Abänderung statt einer ediktalen actio negotiorum
gestorum erklärte. Eine solche wäre doch wohl unmöglich gewesen, da ja
der contutor für eigene Schuld gezahlt hatte.

3 Für die Korrealität bei der Ifaftung zweier Tutoren stehe ich auf
dem Standpunkt von Eisele, Archiv für die zivilistische Praxis 77, 451 ff.
 
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