Metadaten

Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0048
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
48

Josef Partsch:

erheben könne, den Justinian durch Interpolation verkünden
ließ 1. Ein allerdings recht schwaches Argument dafür ist zunächst
das Schweigen aller vorjustinianischen Quellen über die actio
tutelae contraria. Dieses Schweigen beweist an sich bei dem
Zustand unserer älteren Quellen, die nirgends restlose Aufzählungen
der klassischen Klagen geben, wenig. Aber in der vorjustinianischen
Schrift de actionibus ist es bedeutungsvoll. Sie nennt zwar die
beiden actiones aus dem Mandat und der negotiorum gestio, die
actio directa und contraria. Aber sie kennt als actio tutelae nur
die Klage des Mündels gegen den tutor 2. In der Kodifikation
spiegelt sich die Einführung der actio contraria tutelae sehr deut-
lich wider. Der Codex kennt den Titel de contrario iudicio
(5, 58). Das bedeutet nicht, wie dieherrschende Lehre heuteglaubt,
daß die Klassiker wirklich die actio tutelae contraria gekannt
hätten. Denn contrarium iudicium im Sinne der Klassiker ist,
wie sclion Rudorff 3 erkannt hatte —- ohne allerdings die Kon-
sequenzen zu ziehen — die Klagformel mit der gegenseitigen
Prästation, also das arbitrium tutelae mit der intentio auf alterum
alteri dare facere oportet, — die Ivlagformel des pupillus mit
der eingebauten Widerklage des tutor. Im Digestentitel steht
die deutliche Spur des Eingriffs der Byzantiner: de contraria
tutelae et utili actione. Die „contraria tutelae“ oline besondere
actio kündigt sich hier ebenso an wie die utilis actio, die doch
zweifellos für Justinian eine actio tutelae utilis sein soll, die den
curatores zusteht, dort wo die Klassiker eine Ivlage aus dem
Titel de negotiis gestis allein kannten. Dieselbe contraria tutelae
ist nach der schlagenden Beobachtung von Gradenwitz in
Inst. 3, 27, 2 interpoliert, dort wo die beiden actiones aus dem
Titel kurz besprochen werden 4. Gradenwitz wies auch schon

1 D. 13, 6, 17, 1. Contraria commodati actio etiam sine principali
moveri potest [sicut et ceterae quae dicuntur contrariae], Über et ceteri
vgl. schon Bonfante, storia 686. Über ,sicut et’ Beseler, Beitr. 2, 3.
Berger, Krit. Vierteljahrsschr. 1912, 439. Contrariae steht ohne actiones,
wie oft contraria für contraria actio bei Justinian.

2 Sav.-St. 14, 92, n. 28. 'O veoit rä> ejuxqötico evayeiv ßov2.o/nevog vfjv
tutelae Op/ferat, xaxä öe rov xovQarcoQO^ ö rekeiog rfjv negotiorum gestorum
[äycoyfiv xarä rov öioixjjoavroc; äkkörQia TCQay/iara f) xovQarcoQcov]. Den ein-
geklammerten Passus betrachtet Zachariae als Zusatz.

3 Vormundsch. 3, 119, 122 über den „ursprünglichen Begriff“ des con-
trarium iudicium.

4 Interpol. 112 ff.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften