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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0053
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Studien zur Negotiorum Gestio I.

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neg. gestor. utilis hatte, wird aber ein Unterschied von dem
klassischen Rechtszustand wahrscheinlich: diese Klage kann nicht
erst finito tutoris officio zugestanden haben: der tutor mußte
sofort nach gemachter Aufwendung Ersatz verlangen können.
Diese Auffassung bleibt allerdings hypothetisch, w Tenn sie auch
unten (S. 60, A. 2) durch eine Quellenbeobachtung zu D. 27, 4, 6 ge-
stützt werden kann. Aber es ist w 7ohl ein Hinweis auf ihre Richtig-
keit, wenn wir finden, daß die Stelle, welche dem tutor erst finito
officio tutelae die Ersatzklage gibt, zweifellos interpoliert ist:
von der justinianischen actio contraria tutelae heißt es in D. 27,
4, 1, 3: finito autem officio hanc actionem competere dicemus
tutori: ceterum quamdiu durat, nondum competit. Das kann
nur der Byzantiner als Verordnung des Gesetzgebers gesagt
haben. Wenn der Satz für die klassische Praxis gegolten hätte,
würde es für clen Praktiker im Komm.en.tar keinen Sinn gehabt
haben, als bloße wissenschaftliche Meinung (dicemus) vorzutragen,
daß der Ersatzanspruch des tutor erst finito officio zustände.
Wahrscheinlich ergab sich den justinianischen Juristen die Regel
eben daraus, daß das klassische contrarium iudicium tutelae erst
am Ende der Tutel möglich war. Im klassischen Text erläuterte
der Jurist wohl den Unterschied von actio negotiorum gestorum
utilis des tutor und dem contrarium iudicium tutelae.

Außer der actio negotiorum gestorum utilis kannte das
klassische Recht zum Schutz des Ersatzanspruches des tutor,
w 7enn ich richtig sehe, nur das contrarium iudicium tutelae, clie
Tutelklage des Mündels mit der intentio auf gegenseitige Prä-
station. Zu ihr mögen die Kommentarstücke D. 27, 4, 1, 4—7,
fr. 3, pr. — 8 1 wie das Julianfragment im 21. Buche der digesta
gehören, in welchen nur die Ersetzung von iudicio consequi 2

1 D. 27, 4, 3, 9 ist wohl ganz Kompilatorenfabrikat.

2 Et sicut actiones patitur perinde ac si pupillus pubes factus esset,
ita contrario iudicio, si quid ei aberit, persequi debebit, — persequi
debet' ist wahrscheinlich interpoliert. Daß der Klagberechtigte persequi
debet steht, wenn wir vergleichsfähige Klassikerstellen betrachten, nur noch
in D. 12, 1, 24, auch dort wahrscheinlich byzantinisch im Zusammenhange
mit einem Kompilatorenglossem: si quis certum stipulatus fuerit, ex stipu-
latu actionem non habet, sed [illa condicticia actione id persequi debet]
(eam) per quam certum patitur. Zu condicticia vgl. Lenel, Ed. 2, 227, 1.
Freudenthal, Zur Entwicklungsgesch. d. röm. Condictio 56, 1. Beseler,
Beitr. 2, 63. Das Wort kommt allerdings in spätzeitlichen Glossaren
schon vor, Corp. gloss. lat. V, 661, 23. In Mommsens Ausgabe der Vaticans-
Fragmente dagegen war es bedenklich, nach Cod. Just. 8, 54, 3 condicticiae
 
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