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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0055
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Studien zur Negotiorum Gestio I.

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cum in plerisque essent iudicia contraria, quid quemque cuique
praestare oporteret (de off. 3, 17, 70). Diese Stelle eines un-
technischen Begriffes von ,,iudicium contrarium“ zeihen 1 kann
nur, wer die justinianische Bedeutung des iudicium contrarium
mit schnellem Vorurteil für die klassische erklärt. Für Cicero ist liier
deutlich dieFormel mit gegenseitiger Prästation in der intentio ein
iudicium contrarium. Im Kommentar zum Infamenkatalog des
Ediktes ist bei dem Juristen der Infamierte als ,condemnatus
non contrario iudicio 4 bezeichnet 2, wohl eben deshalb, weil das
iudicium contrarium die Formel mit gegenseitiger Prästation war.
Es mußte der Gedanke ausgeschlossen werden, daß der Beklagte
in solchen Fällen durch Verurteilung infam werden könne, wo er
es nur deswegen auf die litis contestatio ankommen ließ, weil
er seine Gegenrechnung präsentieren wollte. Dagegen die selb-
ständigen actiones contrariae der actio mandati, der actio fiduciae
sind hier cloch wohl nicht im Kommentar zum Infamenkatalog
mit dem kurzen Sätzchen ausgeschlossen, nach welchem nur der
condemnatus non contrario iudicio infam wird. Denn daß derVerzug
des SchuldnersbeimselbständigenErsatzanspruch niclit einenTreu-
bruch darstellt, der die Infamie rechtfertigen könnte, ist zu banal,
als daß es besonders zu betonen war 3. Ja, wahrscheinlich hätte der
Jurist geradezu Unrichtiges gesagt, wenn er die selbständigen Kon-
trärklagen dieser Verhältnisse mit clem Ausdruck iudicium contra-
riumgemeint hätte. Wir müssen doch wohl annehmen, daß auch

1 So tut Pernice, Labeo2,l, 258 A. Auch anderen Yertretern der herr-
schenden Lehre war die Ciceronische Stelle unbequem: Man interpungierte
in omnibus iis arbitriis, in quibus adderetur ex fide bona —: in his magni esse
iudicis statuere (praesertim cum in plerisque essent iudicia contraria), quid
quemque cuique praestare oporteret (so Bethmann-Hollweg, Gem. Zivil-
proz. 2, 283, n. 33). Aber was im Druck durch Klammern und Kommentar
möglich ist, fügte sich nicht in den Fluß des lateinischen Satzes. Wie hier
die Paraphrase der intentio von dem Worte iudicia contraria abhängt, so
verbindet Gaius 4, 131a und Cicero selbst ähnlich, de orat. 1, 168: ne excep-
tione excluderetur, quod ea res in iudicium ante venisset, — Quinct. 82:
iudicium vestrum est, recuperatores, quantae pecuniae paret . . . Wie oben
im Text wird die Cicero-Stelle grammatisch auch von Pernice a. O., Bech-
mann, Kauf 1, 650 gefaßt.

2 D. 3, 2, 6, 7. Über die Interpolation im Ediktstexte selbst vgl. Lenel,
Ed. 2 77, 8, und die dort Zitierten, zu Inst. 4, 16, 2 schon Gradenwitz,
Interpol 113.

3 D. 16, 3, 5 pr., wo contrarium wohl Einschiebsel ist, wird dabei nicht

übersehen.
 
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