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Josef Partsch:
eine actio contraria infamiert, nämlich die selbständige Ersatzklage
zum Bürgenregresse. Das Kommentarstück D. 3, 2, 6, 5 sprach zwar
zunächst von der actio depensi des sponsor 1, aber jedenfalls zu-
gleich auch von dem Mandat an den Bürgen 2. Da diese nun
unter Umständen auch als echte actio contraria mit formula
in ius concepta vorkam 3, hatte sich der Jurist nicht schlechthin
des kurzen Ausdrucks ,iudicio non contrario 4 bedienen können,
wenn er nicht sicher war, daß man den Ausdruck iudicium con-
trarium nur auf die Formel mit gegenseitiger Prästation bezog.
Schärfer noch als cliese Argumentation eines justinianischen
Textes, dessen Worte zu pressen ja immerhin ein gefährliches
Unternehmen ist, kann der Schluß aus Gaius’ Institutionen sein.
Die Darstellung zum Kalumnienrecht zeigt deutlich, was die
Klassiker unter einem contrarium iudicium verstanden. Da ist
nicht die Rede von einer Verbindung einer selbständigen actio
calumniae 4 mit der Injurienformel zu einem Klagformular,
sondern zuerst heißt es: die calumnia wercle getroffen bald durch
ein iudicium calumniae 5, bald durch contrarium iudicium, bald
durch das Eidesverfahren, bald durch die Kalumnienwette 6.
Und nachher wird deutlich gesagt, daß das iudicium der
actio iniuriarum zum contrarium werde durch Ein-
1 So Appleton, rev. gen. de dr. 1900, p. 223. Lenel, Ed. 79.
2 Das folgt aus dem überlieferten Text von D. 3, 2, 6, 5, der in seinem
unverdächtigen Teile (vgl. Pernice bei Krüger ed. ad h. 1.) vom man-
datum spricht, ferner aus dem Verwandtschaftsverhältnis von actio depensi
und Mandat, endlich daraus, daß ein Eingreifen Justinians zur Erweiterung
der Infamenkatalogs bei der Infamie wegen Zivilurteils ganz unwahrscheinlich
ist. Auch in der Schrift de actionibus ist die infamierende Wirlcung dieser
Klage hervorgehoben, Sav.-Zeitschr. 14, 92 n. 38. Gegenüber diesem Text
ist der Versuch Sokolowskis, Mandatsbürgschaft 92 f., die infamierende
Wirkung nicht für die gewöhnliche actio mand. contrariä gelten zu lassen,
sondern nur für jene formula in factum concepta aussichtslos.
3 Vgl. den Nachweis bei Partsch, Griech. Bürgschafter, 1, 275 Anm.
4 Die „actio calumniae“ ist erst justinianisch. Vgl. Gradenwitz,
Interpol. S. 111, zu Just. 4, 16. 1.
5 Das iudicium calumniae halte ich ebenso wie schon Puchta, Jnst.
§ 157 g. Betiimann-Hollweg 2, 535 ff. Girard, manuel 1039, 4. Wlassak,
Savigny-Zeitschr. 33, 119 für eine selbständige Klageformel. Wenigstens
soviel wird man aus dem Berichte bei Theophilos, ad Jnst. 4, 16, 1 entnehmen
dürfen. Lenel, Ed. 2 § 36—38, p. 107 läßt es dahingestellt sein, ob das
iudicium calumniae nur einfach an die Hauptformel angehängt wurde, oder
ob eine selbständige Formel dafür erteilt wurde.
6 Gai. 4, 174.
Josef Partsch:
eine actio contraria infamiert, nämlich die selbständige Ersatzklage
zum Bürgenregresse. Das Kommentarstück D. 3, 2, 6, 5 sprach zwar
zunächst von der actio depensi des sponsor 1, aber jedenfalls zu-
gleich auch von dem Mandat an den Bürgen 2. Da diese nun
unter Umständen auch als echte actio contraria mit formula
in ius concepta vorkam 3, hatte sich der Jurist nicht schlechthin
des kurzen Ausdrucks ,iudicio non contrario 4 bedienen können,
wenn er nicht sicher war, daß man den Ausdruck iudicium con-
trarium nur auf die Formel mit gegenseitiger Prästation bezog.
Schärfer noch als cliese Argumentation eines justinianischen
Textes, dessen Worte zu pressen ja immerhin ein gefährliches
Unternehmen ist, kann der Schluß aus Gaius’ Institutionen sein.
Die Darstellung zum Kalumnienrecht zeigt deutlich, was die
Klassiker unter einem contrarium iudicium verstanden. Da ist
nicht die Rede von einer Verbindung einer selbständigen actio
calumniae 4 mit der Injurienformel zu einem Klagformular,
sondern zuerst heißt es: die calumnia wercle getroffen bald durch
ein iudicium calumniae 5, bald durch contrarium iudicium, bald
durch das Eidesverfahren, bald durch die Kalumnienwette 6.
Und nachher wird deutlich gesagt, daß das iudicium der
actio iniuriarum zum contrarium werde durch Ein-
1 So Appleton, rev. gen. de dr. 1900, p. 223. Lenel, Ed. 79.
2 Das folgt aus dem überlieferten Text von D. 3, 2, 6, 5, der in seinem
unverdächtigen Teile (vgl. Pernice bei Krüger ed. ad h. 1.) vom man-
datum spricht, ferner aus dem Verwandtschaftsverhältnis von actio depensi
und Mandat, endlich daraus, daß ein Eingreifen Justinians zur Erweiterung
der Infamenkatalogs bei der Infamie wegen Zivilurteils ganz unwahrscheinlich
ist. Auch in der Schrift de actionibus ist die infamierende Wirlcung dieser
Klage hervorgehoben, Sav.-Zeitschr. 14, 92 n. 38. Gegenüber diesem Text
ist der Versuch Sokolowskis, Mandatsbürgschaft 92 f., die infamierende
Wirkung nicht für die gewöhnliche actio mand. contrariä gelten zu lassen,
sondern nur für jene formula in factum concepta aussichtslos.
3 Vgl. den Nachweis bei Partsch, Griech. Bürgschafter, 1, 275 Anm.
4 Die „actio calumniae“ ist erst justinianisch. Vgl. Gradenwitz,
Interpol. S. 111, zu Just. 4, 16. 1.
5 Das iudicium calumniae halte ich ebenso wie schon Puchta, Jnst.
§ 157 g. Betiimann-Hollweg 2, 535 ff. Girard, manuel 1039, 4. Wlassak,
Savigny-Zeitschr. 33, 119 für eine selbständige Klageformel. Wenigstens
soviel wird man aus dem Berichte bei Theophilos, ad Jnst. 4, 16, 1 entnehmen
dürfen. Lenel, Ed. 2 § 36—38, p. 107 läßt es dahingestellt sein, ob das
iudicium calumniae nur einfach an die Hauptformel angehängt wurde, oder
ob eine selbständige Formel dafür erteilt wurde.
6 Gai. 4, 174.