Richard Reitzenstein:
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Acta proconsularia nicht eingeht, wohl aber die entscheidenden
Schlüsse aus ihnen zieht, trage ich wenigstens einiges von dem,
was er versäumt hat, hier nach. Man kann eine historische Schrift
auch literarhistorisch nicht würdigen, ohne auf ihre Quellen und
den Wert ihrer sachlichen Angaben einzugehen. Für sie beruft
sich Harnack für die letzte Zeit Cyprians ganz auf Paul Mon-
ceaux, der mir in seiner Untersuchung 1 hinter den bescheidensten
Ansprüchen, die man an philologisch-kritische Arbeit stellen
muß, weit zurückgeblieben zu sein scheint. Sie gilt es zunächst
nachzuprüfen. Den Text druckt Harnack im wesentlichen
nach Hartels Ausgabe ab und übersetzt ihn, ohne eine
eigene Rezension bieten zu wollen; ich gehe auf ihn nur bei-
läufig ein.
Monceaux hatte in den sogenannten Acta proconsularia drei
Teile geschieden, nämlich das erste Verhör Cyprians vor Aspasius
Paternus im Jahre 257, das zu der Verbannung nach Curubis führt
(I), sodann eine Erzählung, wie der inzwischen nach Carthago
heimgekehrte Bischof von Galerius Maximus im Jahre 258 ver-
hört und zum Tode verurteilt wird (II), endlich den Bericht über
die Hinrichtung (III). Teil II und III scheinen eng zusammen-
zugehören; aber Teil III fehlt seltsamerweise nicht nur in den
beiden von Hartel benutzten Handschriften, sondern aucli in
Augustins Predigt über das Martyrium Cyprians (serm. 309). Teil 1
und II hängen nicht zusammen. Wohl steht in HARTELsText eine
Art FJickstück (cap. 2 p. CXI 12—16 H. unten S. 13, 17 Apparat),
aber die Unrichtigkeit derAngaben und die törichte Wiederholung
der Worte überzeugten mich schon vor Jahren, daß es besten-
falls ein mittelalterlicher Einschub sein könne, und daß jedenfalJs
Teil I mit Teil II ursprünglich gar nichts zu tun liatte. Anders
urteilte Monceaux, der wohl die Verschiedenheit dieser Teile
erkannte und sie gesondert abfassen, ihre Vereinigung aber unmittel-
bar nach dem Tode Cyprians sich vollziehen ließ. Wiewohl er
für diese Annahme keinerlei Argumente anführte und neben Har-
tels Ausgabe keinerlei handschriftliches oder gedrucktes Material
benutzte, hat er Harnack so überzeugt, daß dieser (a. a. 0. S. 3)
ohne weiteres die angebliche Pontius-Vita danach datiert, daß
ihrem Verfasser die ''Acta proconsularia’ in der Zusammenstellung,
1 Revue archeologique XXXVIII (1901) p. 249, Examen critique des
documents relatijs au marlyre de Saint Cyprien und Histoire de VÄfrique
chrdtienne II (1902) p. 179.
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Acta proconsularia nicht eingeht, wohl aber die entscheidenden
Schlüsse aus ihnen zieht, trage ich wenigstens einiges von dem,
was er versäumt hat, hier nach. Man kann eine historische Schrift
auch literarhistorisch nicht würdigen, ohne auf ihre Quellen und
den Wert ihrer sachlichen Angaben einzugehen. Für sie beruft
sich Harnack für die letzte Zeit Cyprians ganz auf Paul Mon-
ceaux, der mir in seiner Untersuchung 1 hinter den bescheidensten
Ansprüchen, die man an philologisch-kritische Arbeit stellen
muß, weit zurückgeblieben zu sein scheint. Sie gilt es zunächst
nachzuprüfen. Den Text druckt Harnack im wesentlichen
nach Hartels Ausgabe ab und übersetzt ihn, ohne eine
eigene Rezension bieten zu wollen; ich gehe auf ihn nur bei-
läufig ein.
Monceaux hatte in den sogenannten Acta proconsularia drei
Teile geschieden, nämlich das erste Verhör Cyprians vor Aspasius
Paternus im Jahre 257, das zu der Verbannung nach Curubis führt
(I), sodann eine Erzählung, wie der inzwischen nach Carthago
heimgekehrte Bischof von Galerius Maximus im Jahre 258 ver-
hört und zum Tode verurteilt wird (II), endlich den Bericht über
die Hinrichtung (III). Teil II und III scheinen eng zusammen-
zugehören; aber Teil III fehlt seltsamerweise nicht nur in den
beiden von Hartel benutzten Handschriften, sondern aucli in
Augustins Predigt über das Martyrium Cyprians (serm. 309). Teil 1
und II hängen nicht zusammen. Wohl steht in HARTELsText eine
Art FJickstück (cap. 2 p. CXI 12—16 H. unten S. 13, 17 Apparat),
aber die Unrichtigkeit derAngaben und die törichte Wiederholung
der Worte überzeugten mich schon vor Jahren, daß es besten-
falls ein mittelalterlicher Einschub sein könne, und daß jedenfalJs
Teil I mit Teil II ursprünglich gar nichts zu tun liatte. Anders
urteilte Monceaux, der wohl die Verschiedenheit dieser Teile
erkannte und sie gesondert abfassen, ihre Vereinigung aber unmittel-
bar nach dem Tode Cyprians sich vollziehen ließ. Wiewohl er
für diese Annahme keinerlei Argumente anführte und neben Har-
tels Ausgabe keinerlei handschriftliches oder gedrucktes Material
benutzte, hat er Harnack so überzeugt, daß dieser (a. a. 0. S. 3)
ohne weiteres die angebliche Pontius-Vita danach datiert, daß
ihrem Verfasser die ''Acta proconsularia’ in der Zusammenstellung,
1 Revue archeologique XXXVIII (1901) p. 249, Examen critique des
documents relatijs au marlyre de Saint Cyprien und Histoire de VÄfrique
chrdtienne II (1902) p. 179.