Die Nachrichten über den Tod Cyprians.
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sprechen 1. Aber noch auffälliger ist mir, daß wenigstens unsere
protestantischen Sammlungen und Besprechungen, die sonst
leider das Verschiedenartigste unter dem Begriff Märtyrerakten
umschließen, die einzige sicher echte amtliche Urkunde, eben jenes
Protokoll des Dionysios, so ganz beiseitelassen, während es
doch schon zur Beurteilung des ersten Teiles der Cyprian-Akten,
auf die man sich immer beruft, unbedingt notwendig ist.
Als zweiten Nachtrag enthielt die afte Ausgabe das Mar-
tyrium Cyprians. Das war begreiflich genug. Die letzten Briefe —
besonders ep. 81 — führen uns unmittelbar an seine Schwelle.
Der Leser mußte begehren, zu wissen, wie es sich vollzogen habe.
Auch sonst entspricht die Beifügung des Martyriums zu den Werken
eines Schriftstellers nur antikem Gebrauch; die sxSoon,^ gibt ja,
wenn möglich, auch den ßfo<;.
1 Nach Harnack Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1910 S. 106 ff. (und Deutsche
Literaturzeit. 1904 Sp. 2464 in der Rezension Geffckens) verlangt man
ein amtliclies Protokoll, daneben Privatstenogramme, Erzählungen von Augen-
zeugen, womöglich eigene Aufzeichnungen des Märtyrers und schließlich die
redaktionelle Tätigkeit eines zuverlässigen und schriftstellerisch befähigten
Mannes, welcher die Yerantwortung der Gemeinde gegenüber trägt. Daß
wir so wenig echte Martyrien besitzen — das heißt doch wohl, daß unter der
zahllosen Menge so wenig uns für ihre Zeit überhaupt möglich erscheinen —,
istder Beweis für die ungeheuren Ansprüche, die man an ihre Yerbürgung
stellte. So hebt er sie mit leidenschaftlichem Wort aus jedem Vergleich mit
irgendwelcher Profanliteratur heraus; ihr ‘literarisches Genus’ wird defi-
niert: sie bilden die ‘authentische Literatur der heiligen Geschichte’. Ich
verstehe diesen Terminus nicht recht, empfinde aber, daß ihnen hiermit
auf einem Umweg der Begriff der Urkundlichlceit zugeschrieben werden
soll; es sind in gewissem Sinne amtliche Berichte der Kirche oder
Gemeinde, in denen jede bewußte Abweichung nach Harnack eine
Sünde wider den Heiligen Geist darstellte. Etwas in Verlegenheit bringt
mich dabei, daß Harnack (Sitzungsber. S. 120) auf seine Chronologie
der altchristlichen Literatur II 463 ff. verweist, aus der ersicht-
lich sei, welche Märtyrerakten für ihn als authentisch in Betracht kämen.
In der bezeichneten Ausführung und bei den Forschern, auf die er dabei ver-
weist und die er benutzt, Delehaye und Ehrhard, finde ich eine ganz andere
Auffassung der Akten und haben Worte wie Echtheit oder Authentie eine
wesentlich andere Bedeutung. Sie sind ja, weil sie für diese Literatur über-
haupt nicht passen, der verschiedensten Auslegung fähig. Der in den Sitzungs-
berichten von 1910 vertretenen Auffassung stehen Harnacks frühere
Studien, ‘Die Akten des Karpus, des Papylus und der Agathonike, eine
Urkunde aus der Zeit Mark Aurels’ (Texte u. Unters. III) und ‘Der Prozeß
des Christen Apollonius’ (Sitzungsber. d. Ber. Akad. 1893) sehr nahe.
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sprechen 1. Aber noch auffälliger ist mir, daß wenigstens unsere
protestantischen Sammlungen und Besprechungen, die sonst
leider das Verschiedenartigste unter dem Begriff Märtyrerakten
umschließen, die einzige sicher echte amtliche Urkunde, eben jenes
Protokoll des Dionysios, so ganz beiseitelassen, während es
doch schon zur Beurteilung des ersten Teiles der Cyprian-Akten,
auf die man sich immer beruft, unbedingt notwendig ist.
Als zweiten Nachtrag enthielt die afte Ausgabe das Mar-
tyrium Cyprians. Das war begreiflich genug. Die letzten Briefe —
besonders ep. 81 — führen uns unmittelbar an seine Schwelle.
Der Leser mußte begehren, zu wissen, wie es sich vollzogen habe.
Auch sonst entspricht die Beifügung des Martyriums zu den Werken
eines Schriftstellers nur antikem Gebrauch; die sxSoon,^ gibt ja,
wenn möglich, auch den ßfo<;.
1 Nach Harnack Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1910 S. 106 ff. (und Deutsche
Literaturzeit. 1904 Sp. 2464 in der Rezension Geffckens) verlangt man
ein amtliclies Protokoll, daneben Privatstenogramme, Erzählungen von Augen-
zeugen, womöglich eigene Aufzeichnungen des Märtyrers und schließlich die
redaktionelle Tätigkeit eines zuverlässigen und schriftstellerisch befähigten
Mannes, welcher die Yerantwortung der Gemeinde gegenüber trägt. Daß
wir so wenig echte Martyrien besitzen — das heißt doch wohl, daß unter der
zahllosen Menge so wenig uns für ihre Zeit überhaupt möglich erscheinen —,
istder Beweis für die ungeheuren Ansprüche, die man an ihre Yerbürgung
stellte. So hebt er sie mit leidenschaftlichem Wort aus jedem Vergleich mit
irgendwelcher Profanliteratur heraus; ihr ‘literarisches Genus’ wird defi-
niert: sie bilden die ‘authentische Literatur der heiligen Geschichte’. Ich
verstehe diesen Terminus nicht recht, empfinde aber, daß ihnen hiermit
auf einem Umweg der Begriff der Urkundlichlceit zugeschrieben werden
soll; es sind in gewissem Sinne amtliche Berichte der Kirche oder
Gemeinde, in denen jede bewußte Abweichung nach Harnack eine
Sünde wider den Heiligen Geist darstellte. Etwas in Verlegenheit bringt
mich dabei, daß Harnack (Sitzungsber. S. 120) auf seine Chronologie
der altchristlichen Literatur II 463 ff. verweist, aus der ersicht-
lich sei, welche Märtyrerakten für ihn als authentisch in Betracht kämen.
In der bezeichneten Ausführung und bei den Forschern, auf die er dabei ver-
weist und die er benutzt, Delehaye und Ehrhard, finde ich eine ganz andere
Auffassung der Akten und haben Worte wie Echtheit oder Authentie eine
wesentlich andere Bedeutung. Sie sind ja, weil sie für diese Literatur über-
haupt nicht passen, der verschiedensten Auslegung fähig. Der in den Sitzungs-
berichten von 1910 vertretenen Auffassung stehen Harnacks frühere
Studien, ‘Die Akten des Karpus, des Papylus und der Agathonike, eine
Urkunde aus der Zeit Mark Aurels’ (Texte u. Unters. III) und ‘Der Prozeß
des Christen Apollonius’ (Sitzungsber. d. Ber. Akad. 1893) sehr nahe.