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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 14. Abhandlung): Die Nachrichten über den Tod Cyprians: ein philologischer Beitrag zur Geschichte der Märtyrerliteratur — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33057#0025
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Die Nachrichten über den Tod Cyprians.

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offiziell immer als Gnade betrachtet 1; die Konfessoren des Jahres
257 hatten sie bereits verschmäht; eine neue Aufforderung mußte
als Schwäche erscheinen, und der Kaiser beabsichtigte jetzt, zu
erschrecken. Wer sich noch als Priester fühlte, war dem Tode
verfallen. Der Urteilsspruch selbst bestätigt das: als auctor et
signifer nequissimi criminis (des Abfalls, wie wir sehen werden)
ist Cvprian ertappt; das ist der Grund der Hinrichtung; daß er
schon lange Christ und Priester ist und die kaiserliche Gnade früher
einmal verschmäht hat, wird nur beiläufig erwähnt.

Sehen wir nun die jüngere Fassung an. Der Beamte mahnt
väterlich consule tibi, d. h.: erhalte dein Leben. Paßt hierauf die
Antwort in re tam iusta nulla est consultatio ? Es ist niedlich zu
sehen, wie Augustin sich in seiner Predigt quält, einen Sinu
in den Worten herzustellen (serm. 309,4 consulit enim qui consilium
vel impertit vel quaerit, sed proconsul non a Cypriano consilium
accipere volebat, sed eum potius ut a se acciperet, admonebat) oder
wie die Abschreiber ein Substantiv consultio herzustellen versuchen.
Die Sache wird durch das literarische Vorbild erklärt: in den
Akten der Scilitaner 2 spricht der Prokonsul einer größeren Anzahl
von Christen zu: numquid ad deliberandum spatium vultis ? und
erhält die Antwort: in re tam iusta nulla est deliberatio (griechisch
ev TrpaygaTi. outooc; syxpiTop ouSsgia xahiaTaTai ßou'Xv) rj 8uz-
Gx.e'\)ic„ also in der Urfassung sogar wohl nulla consultatio aut de-
liberatio). Dann ist auch der große Abschluß Cyprianus epi-
scopus dixit Deo gratias, der jetzt etwas den Zusammenhang durch-
bricht 3, aus diesem Martyrium entnommen. Der Iiergang ist klar:
die alte Fassung befriedigte im Gemeindegebrauch nicht mehr,
als die realen Verhältnisse vergessen waren; das Martyrium be-
durfte einer wirklichen confessio. Man nahm eine ältere Märtyrer-
erzählung aus der gleichen Provinz und erdichtete nach ihr das
zweite Verhör. Dieser Text war zu Augustins Zeit im kirchlichen

1 Ygl. im Dionysios-Protokoll p. 656,6 Schw.: SiEXeyürjv 7repi trjc, cpi-
’kcc'jd-pomiocc, tgov xupicov 7][iwv, f) ~epi up,a<; xGPÜ VTaL- SsSciyaxmv yap s^ouaiav
ugiv acoT7)pia<;, si ßovkoio&s. . . ouSs yap ayapiaTou; v\j.5.c, sasoQ-a.1 Tuspi. ttjv
■^ikavüpcoTciav auTÖv irpoaSoxcö.

2 Die übrigens kein Protokoll, sondern die wahrheitsgemäße Erzählung
eines Ohrenzeugen bieten (das amtliche Protokoll hätte Sätze wie deo gratias
agimus und hodie martyres in caelis .sumus nie geboten).

3 Der Wortlaut der Erzählung ist nur, um das einigermaßen zu ver-
decken, von Pamelius (?) umgestaltet worden: post hanc vero sententiam,
vgl. oben S. 16, 16.
 
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