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Richard Reitzenstein:
Gebrauc-h* nur ein Zufall hat uns in einer IjcSocu; Cyprians die
früher übliche Fassung erhalten. Von einer ‘Urkundlichkeit’
der vollständigen Fassung 1 kann überhaupt nicht mehr die Rede
sein. Wohl aber fragt es sich, ob die Uberarbeitung nur den zweiten
Teil dieser Fassung betroffen hat. Prüfen wir das Protokoll des
ersten Verhörs. Der Prokonsul Paternus beruft sich auf ein Schreiben
der Kaiser und beginnt den zweiten Teil der Verhandlung non
solum de episcopis, sed et de presbyteris mihi scribere dignati, sunt.
Daraus folgt, daß er im ersten Teil einen auf die episcopi bezüg-
lichen Abschnitt des Briefes angeführt haben muß, der jetzt
fehlt. Dann nur paßt die Antwort Cyprians völlig: Christianus
sum et episcopus. Der Erlaß der Kaiser muß zunächst den
Grundsatz ausgesprochen haben debere eos qui Romama lege vi-
vunt, Romanas caerimonias agnoscere 2. Sie nehmen damit den
Grundsatz altrömischer Politik auf, beschränken sicli aber zunächst
auf ein Zitieren der Bischöfe. Diese sollen opfern oder dem Exi!
verfallen. Nur dann kann Paternus fortfahren exquisivi ergo
de nomine tu.o: ich habe mich erkundigt, wer hier Bischof ist (nach
deiner Person), und frage dich jetzt. Der ursprüngliche Wort-
iaut ist nicht wiederzugewinnen, das Stück bis zur Unverständlich-
keit verkürzt und entstellt. Für den Schluß haben wir jetzt
durch die handschriftliche Tradition eine wenigstens mögliche
1 Vgl. für die frühere Atiffassung Monceaux, der (Revue archeol. 38,255)
von dem ersten Verhör versichert: Pas un mot n appartient au redacteur.
C’est, dans toute sa, verite objectwe, un compte-rendu, qid on dirait stenographie,
de la scene reelle. Ce proces-verbal a dü etreredigd le jourrneme ou au lendemain
de Vinterrogatoire, soit par un temoin, soit sur le recit de Cyprien. Ganz ähn-
lich versichert er von dem ganzen Mittelteil p. 256: ce second document,
redigd probablement le jour meme par un des clercs qui accompagnaient
Cyprien et qui assistaient d l’interrogatoire de 14 septembre 258. Er schreibt
dem Text des Verhörs offenbar dieselbe Urkundlichkeit zu.
2 Vgl. die sogenannten Acta disputationis Acacii, v. Gebhardt Ausge-
wählte Märtyrerakten p. 124, Joseph Weber De actis s. Acacii (Straßburg.
Dissert. 1913) p. 46 debes amare prjncipes nostros, homo Romanis legibus
vivens. Nur ist hier der Kaiserkult betont. Die Rechtsanschauung zeigt
der Papyrus Gissensis 40, auf den mich mein Kollege, Prof. Partsch,
aufmerksam macht, besonders gut: wer den Provinzialen das Bürgerreclit
gibt, erweitert damit den Kreis der Verehrer der römischen Götter; denn
jeder Bürger hat die Pflicht, sie zu verehren. Wir lesen in den Akten jetzt
eine Fassung, welche den inneren Widerspruch der Verordnung hervorheben
sollte. Tatsächlich ist sie unmöglich, schon weil sie die Juden mitbetroffen
hätte, sodann, weil sie einen Unterschied zwischen Religion und Kult gemacht
hätte, der zweckwidrig und für diese Zeit unmöglich war.
Richard Reitzenstein:
Gebrauc-h* nur ein Zufall hat uns in einer IjcSocu; Cyprians die
früher übliche Fassung erhalten. Von einer ‘Urkundlichkeit’
der vollständigen Fassung 1 kann überhaupt nicht mehr die Rede
sein. Wohl aber fragt es sich, ob die Uberarbeitung nur den zweiten
Teil dieser Fassung betroffen hat. Prüfen wir das Protokoll des
ersten Verhörs. Der Prokonsul Paternus beruft sich auf ein Schreiben
der Kaiser und beginnt den zweiten Teil der Verhandlung non
solum de episcopis, sed et de presbyteris mihi scribere dignati, sunt.
Daraus folgt, daß er im ersten Teil einen auf die episcopi bezüg-
lichen Abschnitt des Briefes angeführt haben muß, der jetzt
fehlt. Dann nur paßt die Antwort Cyprians völlig: Christianus
sum et episcopus. Der Erlaß der Kaiser muß zunächst den
Grundsatz ausgesprochen haben debere eos qui Romama lege vi-
vunt, Romanas caerimonias agnoscere 2. Sie nehmen damit den
Grundsatz altrömischer Politik auf, beschränken sicli aber zunächst
auf ein Zitieren der Bischöfe. Diese sollen opfern oder dem Exi!
verfallen. Nur dann kann Paternus fortfahren exquisivi ergo
de nomine tu.o: ich habe mich erkundigt, wer hier Bischof ist (nach
deiner Person), und frage dich jetzt. Der ursprüngliche Wort-
iaut ist nicht wiederzugewinnen, das Stück bis zur Unverständlich-
keit verkürzt und entstellt. Für den Schluß haben wir jetzt
durch die handschriftliche Tradition eine wenigstens mögliche
1 Vgl. für die frühere Atiffassung Monceaux, der (Revue archeol. 38,255)
von dem ersten Verhör versichert: Pas un mot n appartient au redacteur.
C’est, dans toute sa, verite objectwe, un compte-rendu, qid on dirait stenographie,
de la scene reelle. Ce proces-verbal a dü etreredigd le jourrneme ou au lendemain
de Vinterrogatoire, soit par un temoin, soit sur le recit de Cyprien. Ganz ähn-
lich versichert er von dem ganzen Mittelteil p. 256: ce second document,
redigd probablement le jour meme par un des clercs qui accompagnaient
Cyprien et qui assistaient d l’interrogatoire de 14 septembre 258. Er schreibt
dem Text des Verhörs offenbar dieselbe Urkundlichkeit zu.
2 Vgl. die sogenannten Acta disputationis Acacii, v. Gebhardt Ausge-
wählte Märtyrerakten p. 124, Joseph Weber De actis s. Acacii (Straßburg.
Dissert. 1913) p. 46 debes amare prjncipes nostros, homo Romanis legibus
vivens. Nur ist hier der Kaiserkult betont. Die Rechtsanschauung zeigt
der Papyrus Gissensis 40, auf den mich mein Kollege, Prof. Partsch,
aufmerksam macht, besonders gut: wer den Provinzialen das Bürgerreclit
gibt, erweitert damit den Kreis der Verehrer der römischen Götter; denn
jeder Bürger hat die Pflicht, sie zu verehren. Wir lesen in den Akten jetzt
eine Fassung, welche den inneren Widerspruch der Verordnung hervorheben
sollte. Tatsächlich ist sie unmöglich, schon weil sie die Juden mitbetroffen
hätte, sodann, weil sie einen Unterschied zwischen Religion und Kult gemacht
hätte, der zweckwidrig und für diese Zeit unmöglich war.