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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 14. Abhandlung): Die Nachrichten über den Tod Cyprians: ein philologischer Beitrag zur Geschichte der Märtyrerliteratur — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33057#0031
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Die jNachrichten über den Tod Cyprians.

31

Es folgt die Schilderung der Bekehrung.

Die gleiche Verbindung wie im äußersten Westen der spanische
Dichter zeigt im Osten der große Prediger Gregor von Nazianz 1,
nur geht er gerade auf den Teil ein, den Prudentius kurz ab-
fertigt, und gleitet flüchtig über das Martyrium hinweg, bei dem
der lateinische Dichter verweilt. Er envähnt am Schluß das Grab-
mal, aber er weiß dabei von seiner Entdeckung und von Wundern,
die hier geschehen sind. Die Folgerung ist nicht sicher, aber sehr
wahrscheinlich, daß beide Autoren eine Art benutzen, in

welchem jene Geschichte von dem Magier Cyprian mitverwendet
war. Das Martyrium war, gerade weil man über Cyprians Leben
so wenig wußte, zu einer Art Novelle ausgestaltet. Ungefähr
um die Mitte des vierten Jahrhunderts muß sie bereits vorge-
legen haben 2 3. Wir können daraus wieder Rückschlüsse auf die
jüngere Fassung der einfachen Martyrienerzählung machen: sie
kann nicht lange nach 300 entstanden sein.

Bessere Kenner werden vielleicht imstande sein, von dieser
Novelle oder, wenn wir lieber wollen, dieser ältesten vita Cypriani
mehr zurückzugewinnen. Mir fehlen dafür die handschriftlichen
Grundlagen und Vorstudien, die sehr ins Weite führen müßten.
So wende ich den Blick noch einmal auf den Anfang der Entwicklung.
Wunderbar günstig scheint es hier zunächst für uns zu liegen:
im echten Wortlaut glaubt man zunächst wenigstens die alte
(unvollständige) Volkserzählung vor sich zu haben. Doch wäre
das eine Täuschung. Schon mein geringes Material bietet mir
zwei Nebenüberheferungen, die beide Reste des Echten und Alten
zeigen. Die eine ist sogar schon von Hartel (praef. XX A.) ab-
gedruckt, und es ist seltsam genug, daß seit fast 50 Jahren, während
eine ganze Literatur über diese Frage entstanden ist, niemand auf
sie geacbtet hat. Es handelt sich dabei um nicht weniger als um
clas echte Protokoll des Jahres 258, clas, losgelöst von aller Er-
zählung, auch selbständig überliefert ist. Mir ist es aus zwei sehr
alten Würzburger Handschriften bekannt, die voneinander un-
abhängig sind, dem Wirceburgensis theol. 145 =W aus clem An-
fang des IX. Jahrhunderts, benutzt von Hartel, uncl clem gleich-
alten Wirceburgensis theol. 56 =X, dersogarbesser als die Schwester-

1 Gregor Orat 24 (Migne). Daß ein literarischer Bericlit zugrunde liegt,

zeigt, besonders der letzte Teil.

3 Es wäre die frühste derartige Novelle, die wir meines Wissens naehweisen
können; die Frage verdient schon darum eine eingehende Untersuchung.
 
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