Die Nachrichten über den Tocl Gyprians.
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Ein Mann von Riesengröße führt ihn vor den Richterstuhl des
Prokonsuls; der schreibt ohne die gewöhnlichen Fragen sofort
das Urteil auf eine Tafel, und ein hinter dem Richter stehender
Jüngling verrät dem Gyprian durch eine Geste, daß er zur Ent-
hauptung verurteilt wird. Cyprian bittet inständig um Auf-
schub, wenigstens um einen Tag, um seine Angelegenheiten zu
ordnen. Dieser Aufschub (dilatio in crastinum) wird ihm, wie er
aus einer Geste erschließt, gewährt. In Freude über die Bewilli-
gung und in Sorge über die Unsicherheit der Deutung
erwacht Gyprian und erzählt seinen Vertrauten die Vision. Nun
folgt etwas Seltsames: der Verfasser frohlockt über die Offen-
kundigkeit der Offenbarung 1 und die Größe der Begnadigung
(dignatio). Denn natürlich bedeutete der eine Tag ein Jahr;
ein Jahr später am gieichen Tage, am Tage der Vision, wie zwei-
mal nachdrücklich hervorgehoben wird, ist Cyprian enthauptet
worden. Wie ein Traumdeuter grübelt der Verfasser, warum die
Bewilligung nur durch eine Geste ausgedrückt wurde; Worte
passen nur für das, was sich unmitteibar danach erfüllen soll:
nam et vere nemo cognovit, quare hoc ostensum fuisset, nisi <cumy
post eodem die, quo id viderat, coronatus est 2 3. medio nihilo minus
tempore imminens passio pro certo omnibus scieb atur,
passionis tamen certus dies ab eisdem omnibus quasi <g)stensuin) z scilicet
ignorantibus tacebatur. Der Verfasser rechtfertigt dies Schweigen
über die wichtigste Einzelheit jener Vision: auch Zacharias ver-
stummte, als er die Verheißung eines Sohnes nicht glaubte.
Die alte Volkserzählung berichtete, daß Cyprian seines Todes
durch eine Offenbarung gewiß war, den Tag aber nicht wußte.
Vergleicht man den Verhörsbericht in ihr alia die, id est cras-
1 Quid hac revelatione manifestius. Harnack hat die Worte offenbar miß-
verstanden; er scheint zu glauben, daß dies die Klarheit der Deutung be-
zeichne. Der ganze folgende Text wird damit sinnlos. Der Autor meint vielmehr:
was ist handgreiflicher, als daß dieser Traum eine Offenbarung war; es ist
ja alles danach Wort für Wort eingetroffen und nichts ausgeblieben. Nur
auf die Tatsache, daß Cyprian einer Offenbarung gewürdigt wurde, kommt
es an; denn eben damit tritt er an dignatio neben Perpetua und Saturus,
die ihn sonst überbieten würden.
2 Mit klarem Wort wird gesagt, daß an die Auslegung niemand dachte;
sie blieb in ihren Einzelheiten verborgen.
3 Von mir ergänzt. Harnack ergänzt nichts, übersetzt aber: ‘aber der
Tag der Passion wurde von allen, da sie ihn ja wirklich nicht kannten, ver-
schwiegen’.
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Ein Mann von Riesengröße führt ihn vor den Richterstuhl des
Prokonsuls; der schreibt ohne die gewöhnlichen Fragen sofort
das Urteil auf eine Tafel, und ein hinter dem Richter stehender
Jüngling verrät dem Gyprian durch eine Geste, daß er zur Ent-
hauptung verurteilt wird. Cyprian bittet inständig um Auf-
schub, wenigstens um einen Tag, um seine Angelegenheiten zu
ordnen. Dieser Aufschub (dilatio in crastinum) wird ihm, wie er
aus einer Geste erschließt, gewährt. In Freude über die Bewilli-
gung und in Sorge über die Unsicherheit der Deutung
erwacht Gyprian und erzählt seinen Vertrauten die Vision. Nun
folgt etwas Seltsames: der Verfasser frohlockt über die Offen-
kundigkeit der Offenbarung 1 und die Größe der Begnadigung
(dignatio). Denn natürlich bedeutete der eine Tag ein Jahr;
ein Jahr später am gieichen Tage, am Tage der Vision, wie zwei-
mal nachdrücklich hervorgehoben wird, ist Cyprian enthauptet
worden. Wie ein Traumdeuter grübelt der Verfasser, warum die
Bewilligung nur durch eine Geste ausgedrückt wurde; Worte
passen nur für das, was sich unmitteibar danach erfüllen soll:
nam et vere nemo cognovit, quare hoc ostensum fuisset, nisi <cumy
post eodem die, quo id viderat, coronatus est 2 3. medio nihilo minus
tempore imminens passio pro certo omnibus scieb atur,
passionis tamen certus dies ab eisdem omnibus quasi <g)stensuin) z scilicet
ignorantibus tacebatur. Der Verfasser rechtfertigt dies Schweigen
über die wichtigste Einzelheit jener Vision: auch Zacharias ver-
stummte, als er die Verheißung eines Sohnes nicht glaubte.
Die alte Volkserzählung berichtete, daß Cyprian seines Todes
durch eine Offenbarung gewiß war, den Tag aber nicht wußte.
Vergleicht man den Verhörsbericht in ihr alia die, id est cras-
1 Quid hac revelatione manifestius. Harnack hat die Worte offenbar miß-
verstanden; er scheint zu glauben, daß dies die Klarheit der Deutung be-
zeichne. Der ganze folgende Text wird damit sinnlos. Der Autor meint vielmehr:
was ist handgreiflicher, als daß dieser Traum eine Offenbarung war; es ist
ja alles danach Wort für Wort eingetroffen und nichts ausgeblieben. Nur
auf die Tatsache, daß Cyprian einer Offenbarung gewürdigt wurde, kommt
es an; denn eben damit tritt er an dignatio neben Perpetua und Saturus,
die ihn sonst überbieten würden.
2 Mit klarem Wort wird gesagt, daß an die Auslegung niemand dachte;
sie blieb in ihren Einzelheiten verborgen.
3 Von mir ergänzt. Harnack ergänzt nichts, übersetzt aber: ‘aber der
Tag der Passion wurde von allen, da sie ihn ja wirklich nicht kannten, ver-
schwiegen’.