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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 14. Abhandlung): Die Nachrichten über den Tod Cyprians: ein philologischer Beitrag zur Geschichte der Märtyrerliteratur — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33057#0060
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60

Richard Reitzenstein:

des Xistus und seines Martyriums stammt aus Gyprian selbst
(ep. 80). Das zeigen gleich clie ihr folgenden Worte sperabatur
iam iamque carnifex veniens, qui devota sanctissimae victimae
colla percuteret, et sic erant omnes dies illi quotidiana expectatione
moriendi (vgl. ep. 80 quas literas — das den Tod befehlende Schrei-
ben der Kaiser — cotidie speramus venire). Die Akten stimmen
überein. Dann berichtet die vita et passio von einem Versuch vor-
nehmer Freunde, den Gyprian zu veranlassen, sich wieder zu ver-
stecken. Natürlich muß er — schon nach der Vision —ihn ablehnen.
Von einem solchen Rat wissen wir in der Tat durch Gyprian
selbst (ep. 81) und wir wissen, daß er ihm eine Zeitlang ge-
folgt ist; er sucht dies vor der Gemeinde zu rechtfertigen. Da
an der Angabe Cyprians ein Zweifel natürlich unmöglich ist,
so erklärt Harnack, diese Flucht habe der Verfasser der vita et
passio zwar gekannt, aber als ‘unwesentlich’ übergangen; jener andere
abgelehnte Rat, der auf dasselbe herauskommt (vgl. cap. 14 qui..
secessum suaderent... loca in quae secederet, offerebant, ep. 81
ut de hortis nostris interim secederem), sei davon verschieden
und ebenfalls liistorisch. Ich ziehe es vor, bei der Handgreiflich-
keit der Dublette zu sagen: der Verfasser kennt den Rat aus
dem Briefe und erfindet seine Ablehnung, weil er in der
erzählenden Quelle nichts davon fand 1. Mit dem Bericht über die
Verhaftung sind wieder die ‘Akten’ zu vergleichen. Der Rhetor
beginnt ihn: cum ecce proconsulis iussu ad hortos eius. . cum
militibus suis princeps repente subitavit, immo ut verius dixerim,
subitasse se credidit. unde enim posset tamquam improviso impetu
mens semper parata subitari ? Das sieht ganz so aus, als läge die
Schilderung der ‘Akten’ zugrunde: cum illic demoraretur 2, de-
repente idibus Septembribus Tusco et Basso consulibus venerunt
ad eum principes duo. Die Erzählung könnte den Eindruck er-
wecken, als ob sie de improviso gekommen wären; so wird sie rhe-
torisch berichtigt. Nun lcgt freilich Monceaux großes Gewicht
darauf, daß die Vita nur einen princeps, allerdings mit Gefolge,
nennt, die Akten aber von zwei principes reden; er will daraus die
Selbständigkeit beider Berichte folgern, übersieht aber, daß in
den Akten nur einer der beiden weiter hervortritt und für den
Verfasser der vita et passio gar kein Anlaß vorlag, die Aufmerk-

1 Rigaltius (Observationes 152. 153) betonte die Schwierigkeit; er be-
tonte mit Recht auch, daß die Akten darüber hinweggleiten.

2 et iam a nullo quaereretur fügt cod. Y hinzu.
 
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