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Otto Cartellieri:
eine kurze Zusammenfassung aller wichtigen Ereignisse seit der
Ermordung Ludwigs von Orleans gibt 19. Ich hebe hier nur
einen Punkt hervor. Johann beschuldigt seine Gegner, daß sie
ohne Rücksicht auf den Frieden von Auxerre den ruchlosen Plan
schmiedeten, ihn zu ermorden. Peter des Essarts, cler berüchtigte
Prevöt von Paris, sei im Einverständnis gewesen und habe es vor
dem Tode bekannt. Bei einem Turnier hätten die Bösen ihre
Absicht ausführen wollen.
Die Armagnaken ihrerseits, wütend über die gelieimen Ab-
machungen des Dauphins, setzten die Verfolgung der Burgundischen
fort 20. Am 27. Dezember 1414 griffen sie den Gegner an seiner
empfindlichsten Stelle an. Hatte Johann am vergangenen
9. Oktober seine Rechtgläubigkeit beteuert und an Papst und Konzil
appelliert 21, so verkündete jetzt eine königliche Ordonnanz, daß
der Prozeß gegen die Justificatio von neuem aufgenommen werden
solle. Möge auch der Herzog von Burgund Fleisch und Blut des
Königs sein, die Gerechtigkeit müsse freien Lauf haben. Potentes
potenter tormenta patientur 22.
Bei einer solchen Lage der Dinge harrte der Unterhändler
Johanns keine leichte Aufgabe. Ende Januar 1415 trafen in Paris
Herzog Anton von Brabant sowie die Abgesandten Johanns und
der Drei Stände ein 23. Gräfin Margarethe blieb in Senlis zurück.
Die Stimmung am Hofe war denkbar feindselig. Es galt, große
Kunst zu entfalten, um überhaupt etwas zu erreichen. Die Ar-
magnaken ließen nur zu deutlich clurchblicken, daß ihnen gar
nichts am Frieden gelegen sei, der Johann bloß nützen könne.
19 B. N. Moreau 1424 Nr. 61. Pap. Zeitgen. Abschrift. Wien H. H. St.-A.
Niederl. Urk. Moderne Abschrift (Godefroy). Item que le roy, monseigneur
de Berry, monseigneur le cornte de Vertuz et autres estants ä Paris, mondit
seigneur cuidant estre en paix et en repos, firent traictie aucuns des dits
alliez avec messire Pierre des Essarts pour trair monseigneur et le faire mur-
trir.Item que par le moyen d’aucuns desdits allies furent criees cer-
taines joustes pour murtrir mondit seigneur et pour certaines manieres par
eulx advisöes, de quoy faire le dit des Essarts et autres furent consentans,
comme ils ont confesse avant leur mort. — Durch diese Angabe wird Johanns
Vorgehen gegen des Essarts gut erklärt. Nach anderen Nachrichten hätte
Johann in Auxerre versucht, des Essarts zur Ermordung des jungen Karl
von Orleans zu gewinnen. Zu Mordplänen gegen Johann vgl. Coville, Ca-
bochiens 184.
20 Der „Advis“, den Finot, Paix 61 abdruckt (s. obenAnm. 5) zeigt gut,
wie die Gegner Johanns dachten.
21 Finot, Paix'67 Nr. IV.
22 Gersonii opera V col. 338 ff.
23 Die Namen finden wir in Nr. X.
Otto Cartellieri:
eine kurze Zusammenfassung aller wichtigen Ereignisse seit der
Ermordung Ludwigs von Orleans gibt 19. Ich hebe hier nur
einen Punkt hervor. Johann beschuldigt seine Gegner, daß sie
ohne Rücksicht auf den Frieden von Auxerre den ruchlosen Plan
schmiedeten, ihn zu ermorden. Peter des Essarts, cler berüchtigte
Prevöt von Paris, sei im Einverständnis gewesen und habe es vor
dem Tode bekannt. Bei einem Turnier hätten die Bösen ihre
Absicht ausführen wollen.
Die Armagnaken ihrerseits, wütend über die gelieimen Ab-
machungen des Dauphins, setzten die Verfolgung der Burgundischen
fort 20. Am 27. Dezember 1414 griffen sie den Gegner an seiner
empfindlichsten Stelle an. Hatte Johann am vergangenen
9. Oktober seine Rechtgläubigkeit beteuert und an Papst und Konzil
appelliert 21, so verkündete jetzt eine königliche Ordonnanz, daß
der Prozeß gegen die Justificatio von neuem aufgenommen werden
solle. Möge auch der Herzog von Burgund Fleisch und Blut des
Königs sein, die Gerechtigkeit müsse freien Lauf haben. Potentes
potenter tormenta patientur 22.
Bei einer solchen Lage der Dinge harrte der Unterhändler
Johanns keine leichte Aufgabe. Ende Januar 1415 trafen in Paris
Herzog Anton von Brabant sowie die Abgesandten Johanns und
der Drei Stände ein 23. Gräfin Margarethe blieb in Senlis zurück.
Die Stimmung am Hofe war denkbar feindselig. Es galt, große
Kunst zu entfalten, um überhaupt etwas zu erreichen. Die Ar-
magnaken ließen nur zu deutlich clurchblicken, daß ihnen gar
nichts am Frieden gelegen sei, der Johann bloß nützen könne.
19 B. N. Moreau 1424 Nr. 61. Pap. Zeitgen. Abschrift. Wien H. H. St.-A.
Niederl. Urk. Moderne Abschrift (Godefroy). Item que le roy, monseigneur
de Berry, monseigneur le cornte de Vertuz et autres estants ä Paris, mondit
seigneur cuidant estre en paix et en repos, firent traictie aucuns des dits
alliez avec messire Pierre des Essarts pour trair monseigneur et le faire mur-
trir.Item que par le moyen d’aucuns desdits allies furent criees cer-
taines joustes pour murtrir mondit seigneur et pour certaines manieres par
eulx advisöes, de quoy faire le dit des Essarts et autres furent consentans,
comme ils ont confesse avant leur mort. — Durch diese Angabe wird Johanns
Vorgehen gegen des Essarts gut erklärt. Nach anderen Nachrichten hätte
Johann in Auxerre versucht, des Essarts zur Ermordung des jungen Karl
von Orleans zu gewinnen. Zu Mordplänen gegen Johann vgl. Coville, Ca-
bochiens 184.
20 Der „Advis“, den Finot, Paix 61 abdruckt (s. obenAnm. 5) zeigt gut,
wie die Gegner Johanns dachten.
21 Finot, Paix'67 Nr. IV.
22 Gersonii opera V col. 338 ff.
23 Die Namen finden wir in Nr. X.