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Thiersch, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 4. Abhandlung): Ein parthenonisches Giebelproblem — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33047#0041
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Zur Deutung der erhaltenen Figuren vom Parthenon-ostgiebel.

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Gaben zu verleihen oder ein Mal ihm auf die Stirne zu drücken. Es
wird ein besonderer Tisch für sie gedeckt mit Wein, Broten,
Trauben und auch Geld dabei, um ihre Gunst zu gewinnen und sich
ihnen erkenntlich zu erweisen.

In all dem erhalten wir noch Parallelmaterial aus der alt-
italischen Welt. Denn eimnal ist die altrömische Parca — in
cliesem charakteristischen Singular — von Haus aus durchaus Ge-
burtsgöttin (parere, pcirtus). Erst später vollzog sich unter einer
den wahren Ursprung verhüllenden Umdeutung des Namens (durch
Ableitung von pars — poipa) die hellenisierende Yerdreifachung
dieses Wesens und es entstanden die Schicksalsparzen. 47 Ferner
stehen die als Quellgottheiten auch weissagenden Gamenae in Be-
rührung zu Garmentis, die zuerst auch Quellgottheit, dann wie Ei-
leithyia ais besondere Beschützerin der gebärenden Frauen angerufen
wurde. Ihr Doppelzuname Prorsa Postverta (von den beiden Haupt-
lagen, die clas Kind bei der Geburt einnimmt) läfat darüber keinen
Zweifel. So wurden aus clen drei Namen bald drei Gestalten,
mehrere Carmentes, die beiclen jüngeren Schwestern auch unter
den neuen Zunamen Nona und Decima ihren in cliesen beiclen für
die Geburt so entscheidenden Monaten schätzenswerten Hilfs-
charakter nicht verleugnend. 48 Hand in Hand mit dem immer
stärkeren Zurücktreten der alten Geburtsgöttin geht dann eine
modernisierende Umdeutung cler Namen, welche stets die Weis-
sagegabe der Schwestern betont, und so entsteht die uns geläufige
Auffassung ihres Namens. Garmenta wird nun abgeleitet von den
feierlichen Zukunftsverkündigungen (carmina), welche diese Seherin
in Verzückung (carere mente) ausspricht, und „Antevorta“ und
„Postvorta“ wird von ihrem Vergangenheit und Zukunft umfassenden
Biicke verstanden. 49

Wie sehr endlich die mittelalterlichen Schicksalsfeen nördlich
der Alpen bei den Geburten tätig eingreifen, kann hier nur an-
gecleutet werden. „Wie clie nordisch-germanischen Nornen, spinnen

n Vgl. WlSSOWA, Röm. Relig. 3, 264 und ROSCHER III, 15691t Aber selbst
über diese Hellenisierung hinweg haben sie sich noch ein altitalisches, ganz
ungriechisches Element bewahrt: sie haben sich niemals zu dem Leinenfaden
der griech. Moiren bekehrt, sondern sind immer bei ihrer altrömiscben Wollarbeit
geblieben. (Vgl. KLAUSER, Zeitschr. für die Altertumsw., 1840, 239.)

48 Vgl. auch die drei als Gebärende knieenden Gestalten der Dii nixi auf
dem Kapibol in Rom bei Fes'tus, p. 1746, 33 (SAMiTER, a. a. 0., S. 8) und
Ovid, Metam. IX, 294 (Lucinam Nixosque pares) und die drei Ilithyiae mit
den 3x7 Opferkuchen: Ephim. epigr. 1892, 231.

49 Vgl. WlSSOWA, Röm. Relig. 3, 219.
 
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