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Thiersch, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 4. Abhandlung): Ein parthenonisches Giebelproblem — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33047#0044
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H. Thiersch:

clasteht, ja den Idomer schon bei einer ähnlich majestätisch strahlen-
den, auf der Höhe ilirer Wirksamkeit stehenden anderen königlichen
Erscheinung ebenso ausgesprochen hat. Als Agamemnon seine
Scharen vor Troja ordnete als der Völkerhirte, in schimmernder
Rüstung und alle anderen um Haupteslänge überragend, und Priamos
fragt, wer diese königliche Gestalt sei, worauf ihm Helena Aga-
memnon nennt, da bricht der Greis in laute Bewunderung aus:

ih juaKap Arpeiöii, poipopeve^, öXßiööaipov (11. III, 182).

Daß hier die beiden Epitheta gewählt sind, um das volle Glück
zu charakterisieren, auf deren Höhe ihr Träger damals stand, hat
man immer gesehen. 52

Man könnte die beiden Adjektiva ganz ebenso auf die Athena
unseres Giebels anwenden. D und M sind vom Künstler ganz in
diesem homerischen Sinn der Uiasstelle aufgefaht: diese Pallas ist
auch poipopevfi^ und öXßioöai.uuuv. Das wollen D und M besagen, ein
jedes in seiner Weise.

Mit den beiden Gestalten D und M kommt die eigentliche
Athenageburt beiderseits zu ihrem Ende. Denn Helios und Selene
gehören, wie oben schon gestreift, nicht mehr im selben Sinne
dazu, sie bilden schon die landschaftliche Einfassung, geben das
Rahmenwerk ab. In jenen beiden Endpunkten der eigentlichen
Athenakomposition erreicht aber diese einen ganz besonders wirk-
sarnen Abschluh. Beiderseits verklingt ein lang aushaltendes starkes
Finale in diesen herrlich, göttlich, ruhig gelagerten jugendlichen
Gestalten. Auf beiden ruht der Ton mit besonderem Nachdruck,
ebenso wie auf einer dritten, genau in der Giebelmitte einst an-
geordneten Gestalt, welche von ebenso symbolischem Range hier
gleich mit zu nennen ist: die krönende Nike. Athena ist hier nicht
nur die Kraftvolle, Kluge nnd Schöne, sondern auch die Sieghafte.
In diesen drei Figuren ist die Verherrlichung der Göttin wie mit
drei festen Nägeln irn Dreieck des Giebels unverrückbar fixiert,
in der räumlichen Anordnung ganz naturgemäß folgend der sym-
metrisch entfalteten zu füllenden Fläche. Drei Scheinwerfer sind
es gleichsam, die in der Menge der hier sonst mehr oder weniger
erregten Figuren mit göttlicher Gelassenheit ihr hellstes Liclit auf
die Hauptfigur fallen lassen: Plermes Kurotrophos Macht, Gewandt-
heit imd Klugheit, Aphrodite Urania Schönheit und Anmut, Nike Sieg
und Triumph, Man könnte sie nennen: die drei Paten der Pallas.

52 Vgl. zuletzt ROSCHER, M. L. II. 3088.
 
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