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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 5. Abhandlung): Lykische Zwölfgötterreliefs: Untersuchungen zur Geschichte des dreizehnten Gottes — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33048#0023
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Lykische Zwölfgötter-Reliefs.

23

V.

Formales. Konstantinischer Reliefstil.

Um zu weiteren Beispielen zu gelangen, müssen wir zunächst
die noch ausstehende stilistische Einreihung der Reliefs versuchen.
Es mag anmaßend erscheinen, bei Stücken, die auf einer so niedrigen
Stufe des Kunsthandwerks stehen, wie einzelne dieser lykischen
Reliefs, von kunstgeschichtlicher oder stilistischer Betrachtung zu
reden. Und eben weil dem Auge, das an die Schönlebencligkeit
griechischer oder frührömischer Votivreliefs gewöhnt ist, diese
lykischen Spätlinge zunächst nur absonderlich oder abstohend er-
scheinen, hat man sie wecler einer eindringenderen inhaltlichen
noch formalen Betrachtung je wert gehalten. Man muß natürlich
unterscheiden zwischen dem einzelnen roh ausgeführten Erzeugnis
und dem Kompositionsprinzip, dem Stil, der aus dem Typus als
solchem spricht. Strei fenkomposition und schematische
Reihung identischer GestaR.en — sei es, wie auf dem oberen
Streifen der lykischen Votive, in gleichgestimmter rhythmischer
Folge, oder wie auf den Tierstreifen in antithetischer Reihengruppe
— fmden wir, wenn wir von der ägyptischen Kunst, von den ver-
einzelten Spuren in der kretisch-mykenischen, von der typischen
Streifendekoration der geometrischen und „orientalisierenden“ Kunst
absehen, in Reliefs besonders ausgeprägt im Osten. F. v. Bissing
erinnert mich an clie Felsreliefs der Achämeniden in Mal-Amir, das
Dariusgrab und Verwandtes. 33 Dagegen vermeidet die griechische
Kunst der klassischen Zeit cliese leblose R.eihung und sucht durch
wenn auch noch so geringe Variation Abwechslung im Gesamt-
eindruck und Kontakt zwischen den einzelnen Figuren herzustellen.
Ein gerade in unserem Zusannnenhang äußerst lehrreiches Beispiel
bietet das kürzlich von Ed. Schmidt veröffentlichte Zwölfgötterrelief
aus Tarent (Brunn-Bruckmann, Taf. 660), das zwar um clie Mitte
des V. Jahrhunderts v. Ghr. entstanden ist, aber dank seiner archai-
sierenden Tendenz als Ersatz echt archaischer Zwölfgötterreliefs
dienen kann. Die Götter stehen in einer Reihe, alle nach rechts,
alle clen linken Fuh voran, jeweils Mann und Frau im Wechsel.
Nun sind die griechischen Zwölfgötter, verglichen mit den aypioi
heoi unserer Reliefs, als individuelle Persönlichkeiten schon in ihrer
äuüeren Erscheinung hinreichend kenntlich und überdies durch

33 Bequem zugänglich bei Hüsing, Der Zagros und seine Völker (Alter Orient
IX, 3/4), S. 51 u. 53, wo die Originalpublikationen verzeichnet sind.
 
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