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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 5. Abhandlung): Lykische Zwölfgötterreliefs: Untersuchungen zur Geschichte des dreizehnten Gottes — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33048#0028
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28

Oito Weinreich:

Halbkreis den guten Hirten, zu seinen Seiten, den Aposteln oben ent-
sprechend, je sechs Lämmer (Garrucci II 82). Ob wir auf einem Mosaik
in Ravenna (Garrucci IV 265), wo auf den Erlöser von beiden Seiten her
je sechs Lämmer herankommen, die Apostel durch diese Symbole ver-
treten sehen, ist fraglich. Ficker möchte die Lämmer bei den Aposteln
als „symbolische Darstellung der den Jüngern anempfohlenen Gemeinde“
auffassen. Aber dah schon das alt.e Ghristentum in ihnen Apostelsymbole
sah, beweist das von Ficker selbst herangezogene Relief von S. Marco, wo
über den zwölf Lämmern 01 ATTOITOAOI steht.; ähnlich auf einem Sarko-
phag über einem Lamm die Inschrift IOHANNIS EVANG (Ficker 150 Anm.).

Dieser Typus, Ghristus in cler Mitte zwischen je seclrs Aposteln
und bei ihnen je sechs Lämmer, das ist, soweit ich sehe, die
nächste bildliche Analogie zu der lykischen Lösung einer entsprechen-
den Aufgabe.

Der „Überschüssige“ kann nun von clen Zwölfen auch dadurch
unterschieden werden, dafi man clen Aposteln die menschliche
Bildung läfst, aber Ghristus durch ein Symbol andeutet.

Zu dieser zweiten Klasse gehört ein Sarkophag in Palermo (Garruc'ci
V 349,4): in der Mitte ein Kreuz, dariiber von einein Kranz umgeben
das , zu beiden Seiten des Kreuzes je sechs Apostel, bei jedem ein Stern.
Staft der zwei mittelsten Sterne gewahren wir auf einem andern Sarkophag
(Garrucci V 351, 1) die Mondsichel und die strahlende Sonnenscheibe. So
f'ehlt deun auch hier (vgl. auch V 351,4) der Bezug auf die Himmels-
erscheinungen nicht, die in letzter Linie wohl den Hauptgrund für die all-
gemeine Bedeutung dodekadischer Zyklen und Gruppen abgaben. Auf
Werken der Kleinkunst, wie Lampen und Ampullen, zieht man es häufig
vor, die Apostel nicht in ganzer Gestalt zu bilden, sondern gibt nur ihre
Köpfe in Medaillons, die sich oft kreisförmig um ein ordnen. 36 Einen
anderen Ausweg wählte ein Gemmenschneider, der die langen Reihen der
Apostel auflöste: zu den Seiten eines großen Kreuzes mit A und Q stehen
sie in je zwei Reihen übereinander, deren jede je 3 Apostel enthält (Furt-
wängler, Gemmen Taf. LXVII 6).

In der dritten Klasse von Darstellnngen — ich brauche wohl
nicht zu betonen, daß cliese ledighch formale Einteilung durchaus
keine historische Zeitabfolge prädizieren soll — werden nur Sym-
bole verwandt.

So finden wir zwischen je sechs Lämmern das Sinnbild der vier
aufgeschlagenen Bücher (V 386, 1), das Kreuz, umgeben von zwölf Sternen
(VI 434, 8), das Kreuz inmitten von zwölf Tauben (Kraus, RE. 64 f.). Ein
Grabstein zeigt uns clie Apostel durch zwölf A repräsentiert, sechs zur
Rechten und sechs zur Linken, und in der Mitte das Symbol des „Über-
schüssigen“, das AüJ (Kraus, a. a. 0.; Ficker 149 Anm. 5).

36 Garrucci VI, 473, 1 und 2; Roller, Gatacombes de Rome II, Taf. 91,4
(ich verdanke den Hinweis S. Loeschcke). Statt des ^ ein sitzender Mann
(Garrucci VI, 473, 5), ein Kreuz (434, 4), darum die Medaillons. Dies Schema
auch bei anderen Dodekaden: ^ inmitten der Medaillons von 12 Märtyrerinnen
(IV 276, 2).
 
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