Metadaten

Gothein, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 7. Abhandlung): Die Reservearmee des Kapitals — Heidelberg, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33050#0041
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Reservearraee des Kapitals.

41

wicklung des kapitalistischen Betriebs mit sich bringt, nicht meh-r
zur Geltung zu kommen. Man müßte m. E. wenigstens clas Moment
der beabsichtigten Stetigkeit des Erwerbszweckes hinzufügen, Da-
durch tritt erst die Richtung des kapitalistischen Betriebs auf
Erzielung des Mehrwerts und die Verwendung desselben zur Ver-
mehrung des Kapitals hervor. Es wäre wolil überhaupt geraten,
aucb diese Seite der kapitalistischen Wirtschaft in die Definition
mit aufzunehmen, da sie doch eben historisch und praktisch ihr
Kennzeichen ist; jedoch kann man sie schon als eine Konsequenz
der stetigen Verwendung zu Erwerbszwecken ansehen und deshalb
in der Definition entbehren. Ganz unerläßlich aber scheint es
mir, die Trennung der Betriebsmittel von der Arbeit in diese
aufzunehmen oder, wenn man lieber will: die Verselbständigung
cles Kapitals, durch welche in der Organisation cler Volkswirt-
schaft die Umkehrung des früheren Verhaltens dieser beiden
Produktionsfaktoren erfolgt ist. Gerade die Beispiele, auf die
Brentano mit Recht als auf die ersten kapitalistischen Bildungen
hinweist: der Idandel und das Söldnerwesen im späteren Mittel-
alter, zeigen dies. Der Handel in gildenmäßiger Gebundenheit,
auch der in auswärtigen Kontoren, mit seiner möglichst gleichen
Austeilung unter den ihn Betreibenden, mit seiner Ersetzung des
Kredits durch die Beteiligung, mit seiner familiär-genossenschaft-
lichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses und der entsprechenden
Art der Entlohnung lst noch nicht kapitalistisch, obwoli] der
einzelne Kaufmann dabei auch schon reich werden konnte und
verdienen wollte. Das Interesse, das die Geschichte des Handels
uncl des Handelsrechts in dieser Epoche erweckt, besteht clarin,
daß der auswärtige Handel nie eine eigentiiche reguläre Bedarfs-
deckungswirtschaft treiben konnte, und daß hiermit das Streben
nach Steigerung des Umsatzes und hierclurch wieder auch die
beständige Vermehrung cler Betriebsmittel gegeben war. Damit
erfolgte schon im Rahmen der älteren Verfassung selber eine Um-
deutung jener Einrichtungen — ich brauche hierbei nur an Max
Webers Untersuchungen über clie Gommenda zu erinnern—, bis
zuletzt im Beginn der Neuzeit (in Italien schon früher, im Zeit-
alter der Maona) die Umwandlung in den reinen kapitalistischen
Betrieb vollzogen war. Bei dem Sölclnerwesen aber ist es augen-
scheinlich, daß sich mit seiner Verwendung das Kriegswesen
von dem regelmäßigen, als gleichmäßige Arbeitsorclnung im
Feudalismus georclneten Staatsbetrieb getrennt hat. Es war
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften