Metadaten

Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 1. Abhandlung): Über die grundsätzliche Unmöglichkeit einer Vereinigung von universeller Teleologie und Mechanismus — Heidelberg, 1914

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33291#0013
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Unmöglichkeit einer „Vereinigung“ von Teleologie und Mechanismus. 5

3. Nehmen wir, um mit dem rein Begrifflichen zuheginnen,
einmal an, es sei die Gesamtheit der Raumzeichen, anders: die
Gesamtheit der Erfahrungsergebnisse über Räumliches, als Ganz-
heit nicht nur postuliert sondern gewußt. Würde solches Wissen
nicht gerade den ,,mechanistischen Gharakter“ dessen, um was
da gewußt wird, ausschließen ? Unter Ganzheit verstehen wir
ein geordnetes Etwas, in dem jeder Teil seinen ganz bestimmten
Beziehungsort hat. Jedes Einzelne in ihm ist dieses und eben
nur dieses. Auch jedes einzelne Geschehen ist eben dieses auf das
eine Ganze eindeutig als dieses bezogene Geschehen. Da bleibt
knin Platz für „Mechanismus“, als welcher vielmehr ganz aus-
drücklich clas Unbekümmertsein jedes Teiles eines ,,Systems“
um jeden andern Teil behauptet. Oder, anders gesagt: Im
Mechanismus gibt es letzte einfache echte „Gesetze“, wie sie von
Newton oder von der neueren Elektrik geformt sind; diese Gesetze
sind absolut verbindlich für alle ,,Fälle“, das heißt für alle in
sichals durchaus selbständig gedachten unbegrenzt wiederholbaren
Geschehenseinzelheiten. In einem Etwas, das ein Ganzes ist,
gibt es aber keine echten „Gesetze“, sondern höclistens Gleich-
heitszüge, welche in bestimmt vielen Fällen wiederkehren, weil
und nur wenn es so der einen Ordnung entspricht.
In einem Ganzen also hat es keinen eigentlich grundlegenden
Sinn, etwa von einem „Gesetz der trägen Masse“ zu reden, clem
alle Masseneinzelheiten in ihrer Bewegung entsprechen; denn
jede einzelne Bewegung ist ja eben von ihrem Anfang bis zu
ihrem End.e diese bestimmte Bewegung und keine andere. Höch-
stens clas Eine dürfte gesagt werden: Es ist so, als ob da selbstän-
dige ,,träge“ Massen wären; aber wir wissen ja, daß es gar nichts
selbstäncliges Einzelne gibt.

In Ivürze also: Der Mechanismus, welcher im Sinne des
spinozistischen Ordnungsmonismus mit Ganzheit „vereinigt“ sein
soll, ist gar kein „Mechanismus“ in dem Sinne, den
diesesWort in der Naturwissenschaft vom Einzelheits-
werden -—- die aber nur ein vorläufiges Forschungshilfsmittel
ist -— besitzt. Das Ganze ist vielmehr ein Organismus, wenn
man es so nennen will. Das heißt aber nur: es ist eben ein geordnetes
Ganzes 1.

1 Als bestes unter den mir bekanntgewordenenneueren Werken, welche
einen raumhaften Ordnungsmonismus vertreten, erscheint mir der erste
Band von B. Bosanquets Gifford Lectures The Principle of IndwicLuality
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften