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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 1. Abhandlung): Über die grundsätzliche Unmöglichkeit einer Vereinigung von universeller Teleologie und Mechanismus — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33291#0017
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Unmöglichkeit einer „Vereinigung“ von Teleologie und Mechanismus. 9

elektrodynamischen Sinne, aus und fragen: könnte er als echter
,,Meclianismus“ nicht doc-h Raumganzheit liefern ?

Und wir antworten: Ganz gewiß kann er ,,Raumganzheit“
liefern; aber von was für einer Art!

Gleichgewichtssysteme als ,,Ganzheiten“ kann der aus-
schließliche, echte Mechanismus liefern; „Planetensysteme“ im
großen und im kleinen, wenn wir so wollen. Und wenn wir uns die
Welt endlich denken, können wir uns ein endgültiges unwandel-
bares Gleichgewichtssystem ausdenken, das nun die wirklich
endgültige „Ganzheit“ ist, die aus echtem Mechanismus ent-
sprang. Dieses endgültige unwandelbare Gleichgewichtssystem
kann man mit den Denkmitteln statistischer Mechanik als wahr-
scheinlichste Verteilung der Atome denken oder energetisch als
Zustand des Ausgeglichenseins aller unkompensierten Intensitäts-
differenzen, als Ende der Vermehrung der „Entropie“.

Ist uns nun mit d.ieser „Ganzheit“ gedient, wenn wir von
einer universellen Teleologie, einem „Reich der Zwecke“, reden
und von der „Vereinigung“ dieser Teleologie, dieses Reiches,
mit dem „Mechanismus“, immer auf der Grundlage des spinozisti-
schen Grundgedankens vom Raumbezeichnetsein aller Kenn-
zeichen des Wirklichen ?

Daß eine den Begriff des „Mechanismus“ sprengende echte
Ganzheit des Raumeswirklichen die Ganzheit des Absoluten abbil-
den sollte, das mochte, so absonderlich und dogmatisch es erschien,
doch immer noch als möglich zugelassen werden: es sollte doch
wenigstens die eine ausdrückliche Besonderheit durch eine andere
ausdrückliche Besonderheit von ganzheitlichem Wesen abgebildet
werden. Unmittelbar stehen aber jetzt vor uns, nur in gleichsam
unendlicher Steigerung, alle jene Paradoxien, zu denen, auf be-
grenztem Gebiete, schon die Lehre vom sogenannten psycho-
physischen Parallelismus führt. Das „Reich der Zwecke“ 1 also
soll sich vollständig in echt mechanischer Ganzheit, das heißt
in einem Gleichgewichtssystem von Atomen oder Elek-
tronen, gleichsam abbilden; „vollstänclig“, d. h. mit Rücksicht
auf j e d e seiner letzten Eigentümlichkeiten; also auch mit Rück-
sicht auf diejenigen, welche mir unter der Form des Lebendigen,

1 Wenn cler bekannte Kantische Ausdruck hier verwendet wird, so soll
das nicht heißen, Kant habe nach unserer Ansicht die Paradoxie der me-
chanischen Ganzheit als Zeichens der Ganzheit aller Kennzeichen des Wirk-
lichen gelehrt. Der Neukantianismus freilich lehrt sie.
 
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