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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 1. Abhandlung): Über die grundsätzliche Unmöglichkeit einer Vereinigung von universeller Teleologie und Mechanismus — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33291#0018
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Hans Driesch:

Seelischen, Kulturliaften und Sittlichen ersclieinen. Das „Ideal“
des Sittlichen, insonderheit, wäre also ganz ausgesprochener-
maßen jener Gleichgewichtszustand in durchaus erreic-hter Vol-
lendung von der „anderen“, jedenfalls von einer anderen „Seite“.
Und die beste Kennzeichnung des sittlichen Ideals —- nun,
das wäre eine mathematische Kennzeichnung eines gewissen,
nämlich eben jenes als vollendet gedachten Gleichgewichts-
zustandes als einer „anderen Seite“ jenes Ideals, welche ja doch,
der Voraussetzung nach, in Vollständigkeit jenes Ideal abbil-
det. Selbstredend hätte ich diese mathematische Kennzeichnung
denkhaft zu bevorzugen und hätte alle „ethischen“ — und ebenso
alle soziologischen und biologischen — Ausdrücke kurzerhand
als mangelhafte Vorläufigkeiten abzuschaffen. Denn sie sind aner-
kanntermaßen mangelhaft; mathematische Kennzeichnung aber
ist als grundsätzlich vollendete wenigstens zu denken. Und sie
kann ja „Alles“, wenn auch nur von ,,einer Seite“, geben.

Das ,,Ziel der Welt“ ist also als bestimmter Wert eines Systems
von Bewegungsgieichungen ausdrückbar; ja, es ist scharf nur als
solcher zu fassen; und sicherlich ist, der Voraussetzung nach,
diese Fassung eine „vollständige“ Kennzeichnung ,,aller“ Eigen-
tümlichkeiten jenes Zieles, wenn schon in einer bestimmten Art
von „Abbildung“.

Ich weiß nicht, was man als Paradoxie bezeichnen will, wenn
nicht diese Lehre. Und nichts wird ihr von ihrem vollendet para-
doxen Wesen genommen durcli die Wendung, es sei cler Mechanis-
mus nur eine bestimmte Art der Behandlung von Problemen,
gut für gewisse Fälle. Wenn in der meclianistischen Form jedes
Problem behandelbar ist, und das soll es ja doch sein, dann muß
auch jedes Problem in ihr, als welche ja doch die einzige
allerliöclister Vollendung fähige Form ist, behandelt
werden. Es bleibt also bei der Paradoxie einer mathematischen
Formulierbarkeit einer Abbildung des sittlichen Ideals ■—- um
von Biologischem im engeren Sinne, vom Individualpsychischen
und vom Historisclien hier ganz abzusehen.

Der echte Mechanismus zerstört also den Ganzlieitsbegriff,
wenn dieser irgend etwas anderes bedeuten soll als Gleichgewiclit von
unter voneinander grundsätzlich unabliängigen, den newtonischen
oder ihnen entsprechenden Prinzipien geliorclienden Elementen.
Von einer „Vereinigung“ von Mechanismus und Ganzheit kann
 
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