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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 12. Abhandlung): Eros und Psyche in der ägyptisch-griechischen Kleinkunst — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33315#0010
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10

Richard Reitzenstein:

Fläschchen der Berliner Terrakotten-Sammlung bei Wilh. Weber,
,,Die ägyptisch-griechischen Terrakotten“, Taf. 33, No. 358 und
359 (vgl. Bd. II, S. 206) 1. Der Künstler behält die Ornamentik
hei, macht aber, wie die Tracht zeigt, aus Psyche einfach das
Mädchen, das eine Flasche trägt. Ich erwähne die beiden an-
mutigen Darstellungen nur, weil Form und Ornamentik der
Flasche auf der Berliner Figur 358 uns helfen, den Gegenstand
zu deuten, welchen die plumpe und späte Figur einer beflügelten
Psyche bei Pagenstecher S. 85, Abb. 100 vor sich auf dem Sc-hoße
hält: es ist nicht eine Fackel, sondern eine in Bandflechtornamentik
verzierte Tonflasche.

Die Flasche bringt nach den alten Darstellungen, von denen
ich ausging, Psyche dem Eros 2. So ist nicht wunderbar, daß als
Einzelfigur auch Eros dargestellt wird, wie er das akdßccGTpov
oder die Flasche in den Händen hält, so z. B. auf einer Karlsruher
Tonflasche (H. 810), die Eros auf dem Blattkelch stehend zeigt,
wie er mit der linken Hand schräg über die Brust herauf bis zur
rechten Schulter die Flasche oder das d.XdßaGvpov hält 3. Eine
Photograpliie kenne ich clurch die Güte Prof. Wilh. Webers.
Etwas anders, doch ähnlich ist die Darstellung auf der Berliner
Tonflasche Taf. 29, Nr. 308: Eros, ganz nackt, den wulstigen
Kranz im Haar schwingt triumphierend mit beiden Händen von
links nach rechts die Flasche, die er eben erhalten hat, und zeigt
sie gewissermaßen dem Beschauer. Auch dieser Typus hat sich
lange erhalten; mit der Berliner Darstellung stimmt in allen
Einzelheiten ein etwas jüngeres Fragment überein, von dem ich
eine Abbildung aus dem Nachlaß Prof. Schreibers durch
Dr. Pagenstecher erhielt. Das Original befindet sich, wie er mir
mitteilt, wahrscheinlich im Dresdener Albertinum (vgl. Taf. II,
Fig. 9). Man kann an sich für diese Eros-Darstellungen auch
andere Erklärungen ersinnen 4 und wird bei den Einzelfiguren

1 Nr. 358 setzt Wilh. Weber in mittelhellenistische Zeit. Das wäre,
wenn meine Herleitung richtig ist, wichtig für die Datierung des Typus der
flaschentragenden Psyche.

2 Sie hat also notwendig für ihn Bedeutung. Ob sie urspriinglich das
Lebenswasser, das ihm Heilung der Wunde bringt, oder etwas anderes enthält,
frage ich jetzt nicht. Ich rekonstriere hier keinen Mythos, sondern suche nur
seine Spuren.

3 Die Haltung entspricht also annähernd der Haltung der flaschen-
tragenden Psyche Taf. II, Fig. 8.

4 So erklärt Wilh. Weber („Ägyptisch-griechische Terrakotten“,
S. 183, 184), Eros trage ein Salbfläschchen für eine Dame.
 
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