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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 12. Abhandlung): Eros und Psyche in der ägyptisch-griechischen Kleinkunst — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33315#0011
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Eros und Psyche.

11

zweifeln, ob die Verfertiger des bestimmten Stückes sich der
ursprünglichen Bedeutung noch bewußt waren; dennoch glaube
ich, daß die zuerst besprochenen Gruppendarstellungen wenigstens
für die flaschentragende Psyche an ihr keinen Zweifel gestatten 1.

Über das Alter der Darstellungen kann ich selbst ein Urteil
nicht fällen und verweise auf Dr. Pagenstecher, der (S. 84, 85)
geneigt ist, einen Teil bis hoch in hellenistische Zeit heraufzurücken 2,
und vor clie Zeit des Apuleius setzt auch Prof. Weber sogar alle
hier abgebildeten Stücke, von der zuletzt erwähnten Eros-Figur
abgesehen 3. Aber aus den Einwirkungen des lateinischen Buches
wird'ja auch kein Philologe diese Fülle von Werken ägyptisch-
hellenistischer Kleinkunst erklären wollen, und keine noch so
künstliche Deutung kann diese im Grunde einheitliche Gruppe
von Darstellungen jetzt, wo wir die Zusammenhänge überschauen,
als Illustrationen zu genau der Erzählung fassen, die Apuleius
uns bietet. Es könnte sich bestenfalls nur um das stark abweichende
letzte griechische Vorbild seiner Erzählung handeln, um ein postu-
liertes Literaturwerk, dessen Zeit wir wohl bis ins dritte oder
zweite Jahrhundert v. Chr. hinaufrücken müßten.

Aber freilich — ist ein solches Werk als einheitliche Quelle
des griechisch-ägyptischen Kunsthandwerks bis in späte Zeit 4
überhaupt 'wahrscheinlich ? Ich kenne in ihm nur ganz vereinzelte
Einwirkungen der Literatur, besonders der dramatischen; noch
seltener eine Spur volkstümlicher Erzählungen, wie etwa die Be-
ziehung auf eine alte Tierfabel. Daß ein Roman derartigen Ein-
fluß geübt haben sollte, ist unbeweisbar und unglaublich. Und
nun gar ein Roman, dessen Verfasser anhaltslos von Eros und
einem beliebigen sterblichen Mädc-hen ein zierlich-frivoles Liebes-
abenteuer berichten wollte und den Namen Psyche nur wählte,
weil er eben einerseits Mädchennamen war und andrerseits an
die ,,ganz gewöhnliche künstlerische Darstellung“ erinnerte, ,,die

1 Die Möglichkeit, daß der flaschentragende Eros einfach als Gegen-
bild zu ihr erfunden ist, muß ich offen lassen. Die Darstehung der flaschen-
tragenden Psyche setzt eine Erzählung voraüs.

2 So besonders die Kairiner Ivanne. Für die Fläschchen ist er, vielleicht
durch meine Vermutungen mitbewogen, geneigt, Gebrauch im Totenkult
anzunehmen.

3 Über das Alter desVorbildes der Darstellung 3a und 3b siehe S. 7.

4 Die Darstellung der Psyche mit der Flasche auf dem Schoß, Pagen-
stecher, Abbildung 100, führt uns wohl sicher bis in das dritte nachchrist-
liche Jahrhundert, wenn nicht noch weiter hinab.
 
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