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Richard Reitzenstein.
Eros mit Psyche, da natürlich als Personifikation der mensch-
lichen Seele, zusammenstellte!“ Ich will nicht fragen, ob letzteres
nicht gerade für einen Dichter, der jeden Gedanken an die mensch-
liche Seele vermeiden wollte und eine Göttin Psyche nicht kannte,
sehr viel törichter gewesen wäre, als irgend einen mythologischen
oder modernen Mädchennamen zu wählen, noch will ich auf die
chronologischen Widersprüche oder die Stilverletzungen, die sich
meines Erachtens aus dieser Annahme ergeben, näher eingehen.
Es ist schade, daß R. Helm, der sie unlängst (Neue Jahrbücher
f. d. klass. Altertum XXXIII, S. 170ff.) mit großer Siegeszuver-
sicht und noch größerer Unliebenswürdigkeit gegen abweichende
Meinungen vorgetragen hat 1, sich nicht wenigstens durch die
1 Die „literarischen Ungeheuerlichkeiten“, die er mir vorwirft, hat
Helm leider sich selbst konstruiert. Schon die für ihn grundlegende Behaup-
tung: „Apuleius hat nach Reitzenstein den ganzen Roman vom Esel aus
Sisenna abgeschrieben, einschließlich des Märchens von Amor und Psyche“
hat Helm nirgends bei mir gefunden; sie widerspricht im Hauptinhalt wie in
der Formulierung direkt meiner Darstellung. Ich habe nicht nur auf S. 45
klar angegeben, daß ich dem Märchen eine andere Vorgeschichte als der
Eselsfabel zuschreibe, sondern mich auch seitenlang bemüht, an Beispielen
zu zeigen, wie völlig frei bei Wiederholungen derselben Fabula der jüngere
Erzähler den Stoff umgestaltet und besonders den Schluß frei umbildet.
Gleichwolil folgert Helm unbedenklich: also schreibt Reitzenstein dem
Sisenna auch die Geschichte von den Isis-Mysterien und den persönlichen
Erlebnissen des Apuleius zu. Er ist so gütig, wenigstens anzumerken, daß
ich früher (Hellenistische Wundererzählungen, S. 34) anders geurteilt habe,
und kennt und zitiert die „Hellenistischen Mysteriehreligionen“, in denen ich
die Zusätze des Apuleius breit besprochen habe; er konnte aus S. 72, 73
uhd 43, 44 des Vortrags ohhe weiteres ersehen, daß ich an jener Ansicht fest-
halte. Dennoch wird aus meiher Behauptung, daß die Verwandlung eines
Jünglings in einen Esel schon bei Sisenna und Aristides vorkam, schlankweg
die andere: das ganze Werk des Apuleius von Buch I—XI ist abgesclirieben
aus Siseniia. Der einzige Anlaß dazu ist meine Behauptung auf S. 8, auch
bei Sisenna (und Aristides) hätten schon Mythen in novellistischer Umgestal-
tung vorkommen köhhen, eih Satz, der nach dem Zusammenhang nur be-
weisen sollte, daß Apuleius auch das aus anderer Quelle entlehnte Märchen
voh Eros und Psyche als Fabula Milesia behandeln kohnte. Daß er es
einer alexandrinischen Quelle ehtnommen hat, war stets meine Überzeugung.
So geht die willkürliche Umdeutung meiner Worte fast Satz für Satz weiter;
ich verzichte, auf sie oder auf den philologischen Nachweis, daß ich voh ihnen
selbst hicht überzeugt sei, einzugehen. Nur auf die Forderung, ich rnüsse
Helms Datieruüg des Originals des Apuleius aus Met. I 2. 3 widerlegen,
habe ich zu erwidern, daß man widerlegeh nur kann, Avas zu beweisen wenig-
stens versucht war. Helm nimmt beweislos und anhaltslos an, Apuleius
habe jene Abschnitte wörtlich aus dem Griechischen übersetzt; sein Autor
Richard Reitzenstein.
Eros mit Psyche, da natürlich als Personifikation der mensch-
lichen Seele, zusammenstellte!“ Ich will nicht fragen, ob letzteres
nicht gerade für einen Dichter, der jeden Gedanken an die mensch-
liche Seele vermeiden wollte und eine Göttin Psyche nicht kannte,
sehr viel törichter gewesen wäre, als irgend einen mythologischen
oder modernen Mädchennamen zu wählen, noch will ich auf die
chronologischen Widersprüche oder die Stilverletzungen, die sich
meines Erachtens aus dieser Annahme ergeben, näher eingehen.
Es ist schade, daß R. Helm, der sie unlängst (Neue Jahrbücher
f. d. klass. Altertum XXXIII, S. 170ff.) mit großer Siegeszuver-
sicht und noch größerer Unliebenswürdigkeit gegen abweichende
Meinungen vorgetragen hat 1, sich nicht wenigstens durch die
1 Die „literarischen Ungeheuerlichkeiten“, die er mir vorwirft, hat
Helm leider sich selbst konstruiert. Schon die für ihn grundlegende Behaup-
tung: „Apuleius hat nach Reitzenstein den ganzen Roman vom Esel aus
Sisenna abgeschrieben, einschließlich des Märchens von Amor und Psyche“
hat Helm nirgends bei mir gefunden; sie widerspricht im Hauptinhalt wie in
der Formulierung direkt meiner Darstellung. Ich habe nicht nur auf S. 45
klar angegeben, daß ich dem Märchen eine andere Vorgeschichte als der
Eselsfabel zuschreibe, sondern mich auch seitenlang bemüht, an Beispielen
zu zeigen, wie völlig frei bei Wiederholungen derselben Fabula der jüngere
Erzähler den Stoff umgestaltet und besonders den Schluß frei umbildet.
Gleichwolil folgert Helm unbedenklich: also schreibt Reitzenstein dem
Sisenna auch die Geschichte von den Isis-Mysterien und den persönlichen
Erlebnissen des Apuleius zu. Er ist so gütig, wenigstens anzumerken, daß
ich früher (Hellenistische Wundererzählungen, S. 34) anders geurteilt habe,
und kennt und zitiert die „Hellenistischen Mysteriehreligionen“, in denen ich
die Zusätze des Apuleius breit besprochen habe; er konnte aus S. 72, 73
uhd 43, 44 des Vortrags ohhe weiteres ersehen, daß ich an jener Ansicht fest-
halte. Dennoch wird aus meiher Behauptung, daß die Verwandlung eines
Jünglings in einen Esel schon bei Sisenna und Aristides vorkam, schlankweg
die andere: das ganze Werk des Apuleius von Buch I—XI ist abgesclirieben
aus Siseniia. Der einzige Anlaß dazu ist meine Behauptung auf S. 8, auch
bei Sisenna (und Aristides) hätten schon Mythen in novellistischer Umgestal-
tung vorkommen köhhen, eih Satz, der nach dem Zusammenhang nur be-
weisen sollte, daß Apuleius auch das aus anderer Quelle entlehnte Märchen
voh Eros und Psyche als Fabula Milesia behandeln kohnte. Daß er es
einer alexandrinischen Quelle ehtnommen hat, war stets meine Überzeugung.
So geht die willkürliche Umdeutung meiner Worte fast Satz für Satz weiter;
ich verzichte, auf sie oder auf den philologischen Nachweis, daß ich voh ihnen
selbst hicht überzeugt sei, einzugehen. Nur auf die Forderung, ich rnüsse
Helms Datieruüg des Originals des Apuleius aus Met. I 2. 3 widerlegen,
habe ich zu erwidern, daß man widerlegeh nur kann, Avas zu beweisen wenig-
stens versucht war. Helm nimmt beweislos und anhaltslos an, Apuleius
habe jene Abschnitte wörtlich aus dem Griechischen übersetzt; sein Autor