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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Junker, Heinrich F. J. [Bearb.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 14. Abhandlung): Drei Erzählungen auf Yaynā̄bī — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33317#0008
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Heinrich F, J. Junker:

gesetzt worden, zweifellos ein tüchtiger und geschickter Beamter, der
es aber doch nicht verhindern kann, daß die Siedlungsvorsteher unter
sich eine Art stillschweigenden Übereinkommens haben, die Aus-
saugerrolle der alten Feudalherren weiter zu spielen. So beklagten
sich die Leute gelegentlich darüber, dah von den acht Vorstehern
(eliqbasi) ein jeder 300 ta^ga zu erheben habe, jedoch nahezu 700
genommen hätte. Zwar tut die Verwaltung manchmal ein Mög-
liches, um Übergritfen zu steuern, allein das Aussaugertum steckt
dem Orientalen dermaßen im Blut, daß er es, zur Macht gekommen,
stets betätigen wircl. So komrnt es, dah clie Yayntbl, trotz anderer
Verwaltung, es im ganzen nicht viel besser haben wie einst, ja die
vergangenen Zeiten geradezu verherrlichen. Aber wie jetzt, so
hatten auch einst ihre Wohnungen keine Fülle an Hausrat und
so gut wie keinen Schmuck. Nackte Wände, vielfach rußgeschwärzt
und mit den Girlanden der Spinnen geziert, trennen das häusliche
Leben von der Außeuwelt. Von Überschwang und Wohlleben ist
keine Spur vorhanden. Gerade diese sind aber die stofflichen Vor-
aussetzungen geistigen Sichauslebens. Ärmlichkeit und Mangel haben
noch keine Kunst geschaffen, auch keine Wortkunst.

8. Was bei dieser Sachlage der Sprachforscher an Stoff
sammeln kann, entbehrt so ganz des Beizes literarischer Schöpfungen,
dah man seine Wünsche auf ein ungewöhnliches Maß einschränken
muh, um sich die zum Sammeln notwendige Ausdauer zu bewahren.
Die Erforschung der YaynäblSprache liefert keinen Beitrag zum
Ganzen der iranischen Literatur; dagegen kommt die sprach-
wissenschaftliche Seite aufs weitgehendste zu dem Ihren.

ü. Die hier folgenden drei Erzählungen sind denn aucli nur
unter cliesem Gesichtspunkt zu betrachten. Sie gehören der dritten
der vier oben (2.) genannten Gruppen an uncl sollen ein Bild der
gesprochenen Sprache geben, soweit sie sich in darstellender Form
äußert. Unter einem gewissen Gesichtspunkt könnte man eher die
Übersetzungen (3) als Darstellungen fassen, als clie Erzählungen (4).
Kennzeichnend für beide und clamit für das YaTnäbl überhaupt
und seine Kargheit und Nüchternheit ist das Zerlegen von Satz-
gefügen in einfache Sätze. Dadurch kornrnt etwas Kurzabgebrochenes
und Bauhes in die Darstellung, Avas zumal bei (4) hervortritt,
während man bei (3) in Fällen von Satzunterordnung, wie in der
ganzen Haltung, nie genau weiß, wieweit der persische Ein-
fluß geht.
 
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