Metadaten

Cavalli Bayllo, Marin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Andreas, Willy [Oth.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 5. Abhandlung): Eine unbekannte venezianische Relazion über die Türkei (1567) — Heidelberg, 1914

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33308#0007
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Eine unbekannte venezianische Relazion über die Türkei.

erwirken. Cavalli reiste am 1. März 1567 ab und kam über Ragusa
am 23. April in Konstantinopel an. Er war nacb seinen eigenen
Angaben nur wenig mebr als acbt Monate von der Heimat ab-
wesend.

Nacb einigen Bemerkungen über die feierlicbe Audienz beim
Sultan folgt die übbcbe Bitte, die von Selim erbaltenen Geschenke
annebmen zu dürfen. Die Charakteristik, die er dem Sultan widmet,
ist nicbts weniger als scbmeicbelhaft. Aber scbon der Sekretär
Marcantonio Donini batte ein paar Jabre zuvor (1562) über den
damabgen Tbronerben Sebm nicbts Gutes zu bericbten gewußt 1.
In den Hauptzügen stimmt das von Cavalli entworfene Porträt
des Sultans mit den Beobachtungen seiner anderen Landsleute
überein. Immerbin ist es nun das erste, das wir von dem Herrscber
seit seiner Thronbesteigung baben. Er zeigt darin schon alle Merk-
male der Entartung. Die sebr knappe Aufzählung der großberr-
bcben Einkünfte ist das einzige, was Cavalli über die materiellen
Yerhältnisse des ottomaniscben Reicbes aufzeicbnet. Er bescbäf-
tigt sicb ausschbeßbcb sonst mit den maßgebenden Personen des
Hofes und der Regierung. Im Vordergrund stebt der Großvezier
Mehemet Pascha, den Cavalli in seiner früberen Relazion nur
flücbtig behandelt bat 2. Seine Scbilderung ist ziembcb ungünstig
ausgefallen; spätere Baib baben Mehemet weniger scharf beur-
teilt, unter anderem den Vorwurf der Christenfeindschaft abge-
scbwächt. Die übrigen Diener des Sultans werden weniger ein-
gebend gewürcligt.

Die übbcben Schlußwendungen der Relazion, die bei den
meisten Gesandten konventionell gehalten sind, fehlen. Indessen
darf man annebmen, daß außerdem nicbts verloren gegangen ist.
Die Relazionen, die anläßbcb besonderer Missionen angefertigt
wurden, verbreiteten sich selten ausführbcber über die Zustände
der fremden Länder und begnügten sich meist mit den unentbebr-
bchsten Auskünften über die Hauptpersonen des besuchten Hofes.
So kann sich diese Relazion des Marino Cavalli nicht messen mit
den großen Prachtstücken, wie sie aus der Feder des Alvise Mo-
cenigo, des Paolo Paruta und aus seiner eigenen Feder hervor-
gegangen sind.

1 Ygl. seine Relazion bei Albèri, Serie III, vol. III, S. 179.

2 Ygl. Albèri, Serie III, vol. I, S. 295.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften