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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 8. Abhandlung): Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius: ein philologischer Beitrag zur Geschichte des Mönchtums — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33311#0020
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20

Richard Reitzenstein;

άναχωρεΐν, ώς βούλεται) und fürchtet vor allem, selbst lioch-
mütig oder von anderen überschätzt zu werden 1. Er faßt daher
den Entschluß, in die obere Thebais oder in die Βουκόλια zu ent-
fliehen, aber Gott verkündet ihm, daß ihm das doch nichts helfen
werde, und weist ihn weiter in die Wüste. Wandernde Sarazenen
(Beduinen) führen ihn drei Tage und drei Nächte in das innere
Wüstenland 2. Dort findet er den Platz, den Gott für ihn bestimmt
hat. Ausführlicli und anschaulich wird diesmal beschrieben, wie
er sich erhält, wie die zurückgebliebenen Mönche von ihm Nach-
richt empfangen und wie sie mit ihm in Verkehr bleiben 3. Atha-
nasius scheint das als weitere Entwicklung zu fassen und Holl
fügt sich dem; aber diese Entwicklung ist doch nur ganz äußerlich,
ein Fortschritt nur in geographischer Hinsiclit — Antonius zieht
tiefer in die Wüste und muß an dem neuen Ort sogar neue Dämonen-
kämpfe durchmachen —, kein Fortschritt der Handlung. Diese
stagniert und muß stagnieren. Mit einem gewissen äußeren Ge-
schick ist daher hier dieFülle der Wundergescliichten und Visionen
eingelegt (bis c. 66). Es sind die üblichen Mönchserzählungen, wie
wir sie aus der Historia Lausiaca und Rufins Historia monachorum
oder dem Hilarion-Leben des Hieronymus zur Genüge kennen.
Der Gesichtspunkt ist im wesentlichen der gleiche, während er in
dem ersten Teil ganz anders war. Man kann fast sagen: der erste
Teil wird vollkommen ignoriert, und die Erzählung
beginnt ganz von neuem. Zweck des Antonius ist hier das
ήρεμεΐν 4, dort die Eroberung der Wüste 5; das Bild des Gründers
eines Gottesstaates wird zum Bilde des Anachoreten, der den
Zerstreuungen der Welt entfliehen und allein bleiben will. Daß
er dann weiter entfliehen muß, sobald seine Wunderkraft die
Hilfesuchenden herbeilockt, und doch den Wirkungen dieser Kraft
nie recht entfliehen kann, ist das allbekannte, von Hieronymus

1 Es ist das übliche Motiv der späteren Mönchserzählungen, vgl. als be-
sonders charakteristisch Rufin Hist. mon. c. 7 p. 411 A (Migne).

2 Das heißt das 'Gebirge’ (δρος) in Ägypten noch heute.

3 Es ist ja nur die άναχώρησις, die nach den späteren Mönchserzählungen
mancher gefeierte 'Abt’ für sich erwählt hat. Aber ursprünglich bedeutet das
allerdings, wie wir später sehen werden, eine andere Form des Mönchtums.
Will man sich pointiert ausdrücken, so wird in dem ersten Teil ein κοινόβιον,
in dem zweiten der μονάζων geschildert.

4 Vgl. c. 49 p. 913 B: έπειδή ούκ έπιτρέπουσί μοι ήρεμεΐν οί δχλοι, und ebenda
C: εί δέ θέλεις δντως ήρεμεϊν.

5 Die Dämonenkämpfe, die dort notwendig sind, werden hier zu be-
deutungslosen Füllstücken.
 
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