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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 8. Abhandlung): Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius: ein philologischer Beitrag zur Geschichte des Mönchtums — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33311#0026
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26

Richard Reitzenstein:

und nach schriftstellerischem Gesichtspunkte eingeordnet — c. 65,
66 schließen den Teil wirkungsvoll ab — können, aber nicht auf
seine Erfindung zurückgehen 1.

Daß ich diesen Einzelteil der gehäuften Wundererzählungen
oder vielmehr seine Quelle früher als Aretalogie bezeichnet habe,
hat Holl zu dem Irrtum (S. 413) verleitet, ich hätte die ganze
Biographie als solche in Anspruch genommen und daher ihre
Kompositionsform erklärt 2. Es sind für diesen zweiten, historischen
Teil die πράξεί,ς ’Αντωνίου. Auf sie folgt in einem neuen Abschnitt,

1 Daß in cap. 60 (Himmelfahrt des Mönchs Amun) dem Mönche die
Schamhaftigkeit besonders eingeprägt werden soil, habe ich schon früher
(Heilenist. Wundererzählungen S. 59) hervorgehoben. Die beiden anderen
Kapitel belehren über das letzte Gericht. Antonius sieht (c. 65), wie sich nach
seinem Tode Dämonen und Engel um seine Seele streiten; erstere haben ein
Recht an sie nur, wenn er als Mönch noch Sünde getan hat; denn was er von
der Geburt bis zu dem Fahneneide an Gott (dem έπαγγέλλεσθοα τω θεω) etwa
gefehlt hat, hat Gott ausgelöscht. Die Anschauung stimmt nicht ganz zu ande-
ren Ausführungen des gleichen Teiles (c. 55), wohi aber zu jener 'Äiostischen’
Betrachtung des Mönches als Pneumatikers, der nicht mehr sündigen kann
(auch Dracontius betrachtet die Übernahme des Episkopats und den Wieder-
eintritt in die Welt als άφορμή τοΰ άμαρτάνειν und fühit sich der Möglichkeit
hierzu als Mönch offenbar entrückt). Athanasius nimmt, unbekümmert um
kleinere Widersprüche, die Vision gleichwohl auf, weil sie seine Mahnungen,
in der Askese auch nicht einen Augenblick nachzulassen, treffiich unterstützt.
Wenn Holl (a. a. O. S. 409) diese Vision für die innere Entwicklung, die er
aus dem Werke des Athanasius herausfinden möchte, bedeutsam sein läßt und
betont, Antonius erlange in ihr die Gewißheit ans Ziel gekommen zu sein, so
muß ich widersprechen. Dann müßte wenigstens cap. 66 vor 65 stehen.
Denn cap. 66 schildert nur ailgemein, wie Satan als Gigant zwischen Himmel
und Erde steht — eine dem Ägypter besonders naheliegende Vorstellung —
und wie er die Seelen, die schon Flügel gewonnen haben, also nicht mehr
weltlich sind, danach aber noch Sünde getan haben und daher ihm ύπεύθυνοι
sind, erhascht und an dem Flug zum Himmelhindert: sie fallen zur Erde zurück.
Eine Vision soll hier die andere verstärken; den Zweck beider zeigt das Nach-
wort (cap. 66 Schluß) und beweist, daß Athanasius diese Aüsionen als Mahnung
an die Leser, nicht aber als Gewähr für die Errettung seines ITelden vorbringt.

2 Ich habe über diese damals nicht anders als jetzt geurteilt, nur daß
ich die Bedeutung des βίος Πυ-9-αγόρου noch nicht erkannt hatte, auf die Holl

— freilich, wie ich glaube, von einem nur halb richtigen Gesichtspunkt aus

— aufmerksam gemacht hat. Auch der S. 406 A 2 mit meinem Namen ver-
bundene Satz 'Plutarch gestaltet einen Charakter, Athanasius einen Typus’
hat mit meinen Ausführungen nichts zu tun und ist nur durch ein Versehen
von Hans Merxels Rechnung auf die meinige gesetzt (vgl. H. Mertel, Die
biographische Form der griechischen Iieiligenlegenden S. 19 mit ihrer An-
merkung). Wie weit ich ihm beistimme, zeigen wohl diese Ausführungen.
 
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