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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 8. Abhandlung): Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius: ein philologischer Beitrag zur Geschichte des Mönchtums — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33311#0043
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Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius.

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ol μονάζοντες und verbindet sie, offenbar veranlaßt durch wirk-
liche Verhältnisse, mit dem weiteren Gegensatz der άκουσματικοί
und θεωρητικοί oder μαθηματικοί 1. Neupythagoreische Einflüsse
hat man bei Therapeuten wie Essäern von jeher vermutet; wir
werden zunächst scheiden: die Schilderungen Philos sind sicher
neupythagoreisch gefärbt und beeinflußt; daß auch die Sekten
selbst, wenn auch vom Judentum ausgegangen und bestimmt,
von 'jenem Einfluß nicht frei sind, ist wahrscheinlich.

Ich füge ein anderes Beispiel eines derartigen Hergangs bei,
das vielleicht durchsichtiger ist. Wendland hat (a. a. 0. S. 753ff.)
auf Ähnlichkeiten in der Beschreibung der ägyptischen Priester
bei Chairemon (Porphyrius De abstin. IV 6. 7) und der Thera-
peuten bei Philo aufmerksam gemacht, Ähnliehkeiten, die, selbst
im Ausdruck, so stark sind, daß er eine Benutzung Chairemons
durch Philo glaubt annehmen zu müssen. Mir ist diese Benutzung,
die zwischen Nachbildung und Polemik schwanken würde, nicht
sehr wahrscheinlich; auch setzt die Annahme voraus, daß die
Schrift über die Therapeuten einen Teil der Apologia ausmacht.
Prüfen wir einmal zunächst, wie Chairemon, dessen Schilderung das

1 Die άκουσματικοί der Pythagoreer hören im wesentlichen nur τί δεϊ
-ράττειν ή μή πράττειν oder ουτως πρακτέον (Jamblich 81 ff.). Für θεωρητικός
verweise ich auf Jamblich § 107 und 150. Wir dürfen bei Philo in dem Wort
πρακτικός schon etwas von der späteren Bedeutung, die es besonders in der
christlichen Askese hat, suchen: wie der -9-εωρία in der Philosophie die άσκησις
gegenübergestellt wird, so dem θεωρητικός oder γνωστικός der πρακτικός, der nur
im Handeln und Leben die Tugend erweist. Ivlar ist die Scheidung bei Eua-
grius Ponticus, wenn auch Frankenberg in der glänzenden Übersetzung der
syrisch erhaltenen Schriften (Abhandl. d. Gött. Ges. d. Wiss. XIII 2. 1912)
neben dem Wort πρακτικός öfters das Wort έργάτης als Gegensatz zu γνωστι-
κός gebraucht. Entscheidend ist die griechisch erhaltene Schrift, der oben
zitierte 'Mönchsspiegel’ v. 118—121 (Gressmann a. a. O. 163): σάρκες Χριστοϋ
πρακτικαί άρεταί, ό δέ έσ-9-ίων αύτάς γενήσεται άπα-9ής. αΐμα Χριστοΰ 9- ε ω -
ρ ί α τών γεγονότων, καί ό πίνων αύτό σοφισ9ήσεται ύπ’αύτοΰ. στή9ος κυρίου
γνώσις 9εοΰ, ό δ’άναπεσών έπ’αύτό 9εολόγος εσται. γνωστικός καί πρακτι-
κ ό ς ύπήντησαν άλλήλοις, μέσος δ’άμφοτέρων είστήκει κύριος. Wir brauchen
hier nur den philosophischen Ausdruck 9εωρητικός für den mystischen γνω-
στικός einzusetzen, um den gleichen Gegensatz wie bei Philo zu gewinnen.
Er entsteht mit innerer Notwendigkeit, sobald die Askesis (Tugendübung)
in der Philosophie stärker betont wird. Bei Philostratus sind die Kyniker
und ihr Idealbild, die äthiopischen Γυμνοί, begriffiich die πρακτικοί, Apollonius
der 9εωρητικός, nur hat Philostratus selbst den Gegensatz nicht mehr recht
verstanden. Bei Rufinus Histor. monachorum c. 1 p. 404 G sind die
Weltchristen die πρακτικοί, die Mönche die γνωστικοί.
 
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