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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 8. Abhandlung): Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius: ein philologischer Beitrag zur Geschichte des Mönchtums — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33311#0049
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Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius.

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durchzieht, und der wandernde und missionierende Asket gilt in
den frühesten Mönchserzählungen offenbar selbst als Mönch. Auch
dringt die Bezeichnung μοναχός gar nicht allgemein durch. Immer
hält sich auf griechischem Sprachgebiet daneben die allgemeine
Bezeichnung άσκητής. Noch die fromme Pilgerin Aetheria kann
sich nicht genug wundern, daß, was in ihrer Heimat monachus
heißt, in den östlichen Ländern allgemein άσκητής genannt wird 1.

Wenn wir noch nicht wüßten, daß Athanasius nicht einen
bestehenden Zustand schildern, sondern einen Typus des Mönch-
tums schaffen oder wenigstens allein zur Geltung bringen will,
wir könnten es daraus entnehmen, daß bei ihm — allerdings nur
in d.ieser einen Schrift — das Leben in der Wüste notwendiges
Erfordernis des Mönchtums ist 2. Daß er die Asketen liierher ziehen
will, ist begreiflich, wenn wir uns der Schilderung der Remnuoth
bei Hieronymus erinnern. Auf die Organisationsformen geht
Athanasius dabei mit Absicht nicht ein, gerade weil er ein Vorbild

1 Wenn άσκητής und die abgeleiteten Wörter in die lateinische Sprache
nicht eindringen (vgl. Thesaurus linguae lat.), so zeigt sich darin wohl, daß
die Askese des Abendlandes gar nicht von Clemens und Origenes, wohl
aber entscheidend von Athanasius und seinem 'Mönchtum’ beeinflußt ist
(besonders durch Iiieronymus). Athanasius will in dem βίος ’Αντωνίου das
Wort άσκητής für den in derWüste lebenden Asketen als Standesbezeich-
nung nicht gebrauchen (einen neuen Stand und eine neue Lebensart soll
Antonius ja begründet haben); aber er kann es dann auch für die in der Welt
lebenden Asketen nicht recht verwenden und den άσκητής als den geringeren
darstellen. Auch seine μοναχοί treiben ja nichts anderes, als die άσκησις (dem
Wesen nach sind sie doch άσκηταί, vgl. c. 44 p. 908 B, c. 30 p. 839 B, συνασκηταί
c. 55 p. 924 C zugleich unter sprachlichem Zwang). So gebraucht er für jene
umschreibende Wendungen, οί σπουδαϊοι, οί φιλόκαλοι, nennt ihr Tun τόν
μονήρη βίον άσκεΐν, τή άσκήσει σχολάζειν, έαυτω προσέχειν oder ähnlich. Wo er
den Standesbegriff nicht umschreiben kann, gerät er fühlbar in Yerlegenheit,
vgl. c. 3 p. 844 B: ουπω γάρ ήν ουτως έν Αίγύπτω συνεχή μοναστήρια ούδ’ δλως ήδει
μοναχός τήν μακράν ερημον, έκαστος δέ τών βουλομένων έαυτω προσέχειν ού
μακράν τής ίδίας κώμης καταμόνας ήσκεΐτο. Er müßte eigentlich άσκητής sagen,
aber er wagt den in der Weltnähe lebenden μονάζοντες den Ehrentitel μοναχός,
den er ihnen sonst ja läßt, in dieser Schrift nicht abzusprechen, und doch
sollen sie ihm nicht das eigentliche 'Mönchtum’ vertreten. So nennt er die
Zelle, die Antonius bei dem Dorf bewohnt, sein άσκητήριον (c. 4 p. 845 B),
während er in der Wüste nur μοναστήρια kennt. Dabei ist άσκητής natürlich
zur gleichen Zeit auch in Ägypten bei dem Kleriker der höchste Ehrentitel,
vgl. das Zeugnis für Athanasius in der epist. encycl. c. 6 p. 260 A: σπουδαΐον,
εύλαβή, Χριστιανόν ένα τών άσκητών, άληΌώς έπίσκοπον.

2 Das Wort μονάζων fehlt; μοναχός ist die Ehrenbezeichnung des neuen
Standes.

Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist. Kl. 1914. 8. Abh.

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