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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1915, 11. Abhandlung): Zur Lehre von der Induktion — Heidelberg, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.34070#0012
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12

H. Driesch:

die ,,selbstverständlicbe", apriori als notwendig und leistungs-
fähig geschaute Methode sein, wenn das, worauf sie sich bezieht,
ja, wovon sie ausgeht, ganz und gar nicht selbstverständlich,
d. h. nicht-anders-sein-könnend ist, jedentalls nicht als so, wie es
ist, sein müssend durchschaut wird ? Muß es ,,Fälle" geben ?
Nein. Nicht einmal dann, wie sich noch zeigen wird, sehe ich ein,
daß es ,,Fälle" im Reiche des Naturwirklichen geben muß, wenn
ich den seltsamen Begriff TUhnr endgültig ordnungshaft geklärt
habe. Es gibt ,,Fälle", das ist zunächst alles. Was es in letzter
Klärung heißt, werden wir noch sehen. Und weil es Fälle ,,gibt"
und ich um ihr Naturdasein weiß, deshalb und nur deshalb
kann Klasseninduktion eine Methode der Naturwirklichkeits-
erforschung sein; und selbst dann nur, weil sie sich irn vorwissen-
schaftlichen Denken schon irgendwie bewährt hat, was seinerseits
wieder mit der Frage nach der von Naturaussagen
zusammenhängt.
Klasseninduktion ist also nicht eine ,,selbstverständliche",
apriori gesicherte Methode der Forschung, weil das, wovon sie
ausgeht, der naturwirkliche ,,Fall", nichts rein Logisches ist;
sie ist also nicht die bloße Umkehrung von etwas rein Logischem,
als welche allenfalls die Allgemeinheitsindnktion gelten möchte;
auch sie freilich mit Vorbehalt, denn das UM/hghei^problem tritt
als ein besonderes zu den Ergebnissen von AHgemeinheits-, wie
von bloßer Klasseninduktion hinzu, wie sich noch zeigen wird.
In vorläufiger Stufe haben wir jetzt unser wesentliches Er-
gebnis erreicht: Es gibt. zwei Arten der Induktion, Klassen- und
Allgemeinheitsindnktion, beide, als ,,Umkehrungen", ebenso ver-
schieden untereinander, wie die beiden Arten der Deduktion,
welche sich in ihnen nmkehren. Denn die Verhältnisse
zn Eunzig'Aeh (oder ,,Fall") nnd A^genzeine^ zn ^eyon&7'eni sind
ganz und gar verschieden. A^enzemAei^inhn/chon mag allenfalls
als,,selbstverständliche" Methode allerForschung, sei sieempirisch
oder nicht, gelten, weil sie eine reine, praktisch stets mathemati-
sierende Setzungsangelegenheit ist. aber ist ganz
und gar eine, und zwar eine sehr unselbstverständliche, Sache für
sich, welche ,,Methode" nur sein darf, nachdem sie sich teilweise
,,empirisch" bewährt hat. Das von MiLL in
besonderer Schärfe gesehen, tritt als Neues, Drittes gemeinsam
zu den Ergebnissen beider Arten der lnduktion hinzu.
 
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