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G. A. Gerhard:
Griechen nach dem primitiven, nachher natürlich nicht mehr be-
griffenen Glauben der Vegetationsgott in der kalten Jahreszeit
starb, um im Frühling neu zu erstehen?^
Nun zur Kdage um den Gott, genauer dessen Inkarnation
im heiligen Tier, wie sie nach dem von Herod. II 46 geschilderten
Iiultbrauch im Todesfall laut von der ganzen Bevölkerung des
Gaues angestimmt wurde. Herrscht denn da überhaupt eine Be-
rührung mit jener total anders gearteten Klage, die infolge einer
geheimnisvohen Botschaft unsichtbare Geister über den Tod einer
unsichtbaren Gottheit erheben? Und was hätte ein lokal bedingter
RitusÄgyptensan derKüste von Epirus zu suchen?^ BoscHER
selbst bezeugt seine Hilflosigkeit klar, indem er (S. 476) zur
Todesansage der Erzählung ein freilich auch ihm nicht genügendes
Analogon beibringt, jene unter dem Namen der 'Seelentelegraphie'
bekannte allgemeine Überzeugung der AVdker, wonach sich der
Geist eines Menschen im Augenblick seines Scheidens vom Körper
durch dreimaliges Klopfen o. ä., auch dreimaligen Namensanruf'
bei Angehörigen meldet^.
An Tammuz, die syrisch-babylonische Entsprechung des
phönikisch-griechischen Adonis, fülrlte sich durch den doch ägyp-
tischen Steuermann Θ<χμοΰς der Legende als erster LiEBRECHT
erinnert und wagte daraufhin in dem der 'wilden Jagd' geltenden
volkskundlichen Anhang zu Gervasius die ebenso kühne wie
unbewiesene Vermutung, Θαμοΰς-Tammuz habe ursprünglich der
nach Plutarch als tot gemeldete und betrauerte Gott selber ge-
i 8. z. B. E. MEYER, Geschichte des Alterth. II, 1893, S. 100; MAAss,
Sp. 1075:'SterblicheGottheiten — sind, sowidersprechend sie auch unsern
Begriffen sein mögen, bei Griechen wie Nichtgriechen eine Tatsache'.
^ Eine seiner eigenen Methode entlehnte konkrete Durchführung der
Parahele, wie sie RoscHER gar nicht in den Sinn kam, schiebt ihm willkür-
lich REiNACH S. 9 in die Schuhe, um sie dann Ieicht zu zerpflücken, die \br-
steilung nämlich, als habe dort am Strand eine reale Mendesgemeinde die
heimische Trauerzeremonie vollzogen und davon der seinerseits eingeweihte
Thamus Kenntnis genommen.
s Für dieses im Volksglauben alltägliche Dreiheitsmotiv brauchte
RoscHER mit der Thamusgeschichte nicht erst solche Seelentelegraphie zu
vergleichen; weit näher lag die wirkliche Entsprechung in der Todesmeldung
von Dämonen, z. B. in der von RoscHER selbst (S. 468) abgedruckten Salome-
Sage. MAAss, Sp. 1071 erwidert gegen RoscHER, ohne ihn zu nennen: in der
Legende sei 'die rufende Stimme . . jedenfalls nicht die des Pan selber'; des
letzteren Tod sei 'erfolgt und Tatsache'.
G. A. Gerhard:
Griechen nach dem primitiven, nachher natürlich nicht mehr be-
griffenen Glauben der Vegetationsgott in der kalten Jahreszeit
starb, um im Frühling neu zu erstehen?^
Nun zur Kdage um den Gott, genauer dessen Inkarnation
im heiligen Tier, wie sie nach dem von Herod. II 46 geschilderten
Iiultbrauch im Todesfall laut von der ganzen Bevölkerung des
Gaues angestimmt wurde. Herrscht denn da überhaupt eine Be-
rührung mit jener total anders gearteten Klage, die infolge einer
geheimnisvohen Botschaft unsichtbare Geister über den Tod einer
unsichtbaren Gottheit erheben? Und was hätte ein lokal bedingter
RitusÄgyptensan derKüste von Epirus zu suchen?^ BoscHER
selbst bezeugt seine Hilflosigkeit klar, indem er (S. 476) zur
Todesansage der Erzählung ein freilich auch ihm nicht genügendes
Analogon beibringt, jene unter dem Namen der 'Seelentelegraphie'
bekannte allgemeine Überzeugung der AVdker, wonach sich der
Geist eines Menschen im Augenblick seines Scheidens vom Körper
durch dreimaliges Klopfen o. ä., auch dreimaligen Namensanruf'
bei Angehörigen meldet^.
An Tammuz, die syrisch-babylonische Entsprechung des
phönikisch-griechischen Adonis, fülrlte sich durch den doch ägyp-
tischen Steuermann Θ<χμοΰς der Legende als erster LiEBRECHT
erinnert und wagte daraufhin in dem der 'wilden Jagd' geltenden
volkskundlichen Anhang zu Gervasius die ebenso kühne wie
unbewiesene Vermutung, Θαμοΰς-Tammuz habe ursprünglich der
nach Plutarch als tot gemeldete und betrauerte Gott selber ge-
i 8. z. B. E. MEYER, Geschichte des Alterth. II, 1893, S. 100; MAAss,
Sp. 1075:'SterblicheGottheiten — sind, sowidersprechend sie auch unsern
Begriffen sein mögen, bei Griechen wie Nichtgriechen eine Tatsache'.
^ Eine seiner eigenen Methode entlehnte konkrete Durchführung der
Parahele, wie sie RoscHER gar nicht in den Sinn kam, schiebt ihm willkür-
lich REiNACH S. 9 in die Schuhe, um sie dann Ieicht zu zerpflücken, die \br-
steilung nämlich, als habe dort am Strand eine reale Mendesgemeinde die
heimische Trauerzeremonie vollzogen und davon der seinerseits eingeweihte
Thamus Kenntnis genommen.
s Für dieses im Volksglauben alltägliche Dreiheitsmotiv brauchte
RoscHER mit der Thamusgeschichte nicht erst solche Seelentelegraphie zu
vergleichen; weit näher lag die wirkliche Entsprechung in der Todesmeldung
von Dämonen, z. B. in der von RoscHER selbst (S. 468) abgedruckten Salome-
Sage. MAAss, Sp. 1071 erwidert gegen RoscHER, ohne ihn zu nennen: in der
Legende sei 'die rufende Stimme . . jedenfalls nicht die des Pan selber'; des
letzteren Tod sei 'erfolgt und Tatsache'.