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H. Y. ScHUBERT:
schrift ist. Dreiviertel der an historischen Angaben äußerst mageren
Abhandlung enthalten Lehrgespräche über Islam und Judentum,
Heidentum und Sprachenketzerei. Selbst ein Samaritaner taucht
auf (c. 8). Die Vita Methodii c. 1—7 gibt dem Verfasser eine Art
Leitfaden, die Jugend ist legendarisch ausgeschmückt, die Schrif-
ten des Constantin über die Auffindung der Clemensreliquien und
seine Mission bei den Chazaren, besonders seine Disputation, die
Methodius in 8 Teile gesondert haben solD, bilden den Kern des
Inhalts. Gehört jene Methodiuslegende vielleicht nach Panno-
nien, so wird man tfiese Constantingespräche weiter östlich, viel-
leicht nach Bulgarien, setzen rnüssen; die ältesten Handschriften,
russische und südslavische, stammen erst aus dem 15. Jahrhun-
dert. Die sogenannte italische Legende^ aber scheint mir kaum
etwas anderes zu sein als ein Auszug von nicht feststellbarer Treue
aus dem verlorenen Werke des Johannes Diaconus über den heili-
gen Clemens, genauer aus dessen Schlußteil, den Gauderich von
Velletri verfaßtek Und nun erhalten auch die Schüler des Metho-
c. 10. Hiernach hätte sich also Methodius, wenn er der Autor wäre,
auf sich selbst als ,,unseren Lehrer" berufen und hätte auch, obgleich er nach
seiner eigenen Vita (c. 4) den Bruder zu den Chazaren begleitete, für dessen
Taten auf schriftliche Aufzeichnungen, c. 8, p. 235, verwiesen statt seine eige-
nen Kenntnisse zu verraten! Der mährische Gesichtskreis tritt ganz zurück,
und doch soll die Vita in Mähren geschrieben sein. Aus dem Presbyter des
Sventopulk, Johannes von A^enedig, ist hier eine Disputation über die Spra-
chenfrage, die sich zu einer Pilatushäresie verdichtet hat, in Venedig geworden.
3 Acta Sanctorum, Martii II, 19—21, Antv. 1668.
s In diesem Schlußteii, der die Translation der Reliquien nach San
Clemente enthielt, wird die Schrift Constantins de inventione Clementis
in der für ihn angefertigten Übersetzung des Anastasius Bibliothe-
carius (ep. ad Gaudericum c. 1) verarbeitet sein, dazu der Brief des
Anastasius an Gauderich selbst. Zu einer primären Quelle von grund-
legender Bedeutung für Constantin und Methodius wird das Schriftstück
dadurch noch nicht. Es dazu gestempelt zu haben, ist der Grundfehler von
GöTz. BRücKNER freilich verfällt nun wieder ins andere Extrem, wenn er
es nicht einmal der Erwähnung wert findet, obgleich er seine Entstehung
auf etwa 880 festsetzt, S. 7. Das ganze Interesse dieser Legende haftet an
Clemens und nicht an Constantin, der wesentlich nur als Überbringer der
Gebeine in Betracht kommt. Selbst der Schluß, der sich mit Vita Const. c. 18
eng berührt, hängt mit dem Interesse an S. Clemente zusammen. Die Spra-
chenfrage tritt zurück, C.'s Großtat, die Erfindung der slavischen Schrift wird
verschwiegen. Dafür sollen die Brüder die Clemensreliquie selbst mit nach
Mähren geschleppt haben (c. 7), ein Zug, der sich auch Vita Const. noch nicht
findet, aber aus c. 17 Anfg. wohl ableiten ließ. Die Vita Const. scheint benutzt
zu sein, vergl. auch BRÜCKNER S. 7.
H. Y. ScHUBERT:
schrift ist. Dreiviertel der an historischen Angaben äußerst mageren
Abhandlung enthalten Lehrgespräche über Islam und Judentum,
Heidentum und Sprachenketzerei. Selbst ein Samaritaner taucht
auf (c. 8). Die Vita Methodii c. 1—7 gibt dem Verfasser eine Art
Leitfaden, die Jugend ist legendarisch ausgeschmückt, die Schrif-
ten des Constantin über die Auffindung der Clemensreliquien und
seine Mission bei den Chazaren, besonders seine Disputation, die
Methodius in 8 Teile gesondert haben solD, bilden den Kern des
Inhalts. Gehört jene Methodiuslegende vielleicht nach Panno-
nien, so wird man tfiese Constantingespräche weiter östlich, viel-
leicht nach Bulgarien, setzen rnüssen; die ältesten Handschriften,
russische und südslavische, stammen erst aus dem 15. Jahrhun-
dert. Die sogenannte italische Legende^ aber scheint mir kaum
etwas anderes zu sein als ein Auszug von nicht feststellbarer Treue
aus dem verlorenen Werke des Johannes Diaconus über den heili-
gen Clemens, genauer aus dessen Schlußteil, den Gauderich von
Velletri verfaßtek Und nun erhalten auch die Schüler des Metho-
c. 10. Hiernach hätte sich also Methodius, wenn er der Autor wäre,
auf sich selbst als ,,unseren Lehrer" berufen und hätte auch, obgleich er nach
seiner eigenen Vita (c. 4) den Bruder zu den Chazaren begleitete, für dessen
Taten auf schriftliche Aufzeichnungen, c. 8, p. 235, verwiesen statt seine eige-
nen Kenntnisse zu verraten! Der mährische Gesichtskreis tritt ganz zurück,
und doch soll die Vita in Mähren geschrieben sein. Aus dem Presbyter des
Sventopulk, Johannes von A^enedig, ist hier eine Disputation über die Spra-
chenfrage, die sich zu einer Pilatushäresie verdichtet hat, in Venedig geworden.
3 Acta Sanctorum, Martii II, 19—21, Antv. 1668.
s In diesem Schlußteii, der die Translation der Reliquien nach San
Clemente enthielt, wird die Schrift Constantins de inventione Clementis
in der für ihn angefertigten Übersetzung des Anastasius Bibliothe-
carius (ep. ad Gaudericum c. 1) verarbeitet sein, dazu der Brief des
Anastasius an Gauderich selbst. Zu einer primären Quelle von grund-
legender Bedeutung für Constantin und Methodius wird das Schriftstück
dadurch noch nicht. Es dazu gestempelt zu haben, ist der Grundfehler von
GöTz. BRücKNER freilich verfällt nun wieder ins andere Extrem, wenn er
es nicht einmal der Erwähnung wert findet, obgleich er seine Entstehung
auf etwa 880 festsetzt, S. 7. Das ganze Interesse dieser Legende haftet an
Clemens und nicht an Constantin, der wesentlich nur als Überbringer der
Gebeine in Betracht kommt. Selbst der Schluß, der sich mit Vita Const. c. 18
eng berührt, hängt mit dem Interesse an S. Clemente zusammen. Die Spra-
chenfrage tritt zurück, C.'s Großtat, die Erfindung der slavischen Schrift wird
verschwiegen. Dafür sollen die Brüder die Clemensreliquie selbst mit nach
Mähren geschleppt haben (c. 7), ein Zug, der sich auch Vita Const. noch nicht
findet, aber aus c. 17 Anfg. wohl ableiten ließ. Die Vita Const. scheint benutzt
zu sein, vergl. auch BRÜCKNER S. 7.