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L. TnojE:
zwischen Bild und Legende nämlich erwachsen dem Archäologen
einige weitere Fragen, und deren Beantwortung berührt Probleme,
für deren Lösung wiederum die in der vorstehenden Untersuchung
gewonnenen Ergebnisse von ausschlaggebendem Belang sind. Ich
darf das hier kurz skizzieren.
Als zufähige Einzelerscheinung ist das Oasenfresko in der
altchristlichen Kunst kaum denkbar. Die Forschung hat sich also
mit den folgenden Fragen auseinanderzusetzen:
1. Wie ist die christliche Gömeterialkunst zu dieser Szene
gekommen ? Hat sie sie dem Text der Legende gemäß selber für
ihre Zwecke ausgestaltet? Hätten wir es also mit einem ihrer im
übrigen verloren gegangenen Typen zu tun ? Oder hat sie sie
fertig übernommen ? Etwa aus einem vorhandenen Zyklus von
Legendenbildern ? Kann es so früh schon einen eigenen Biider-
zykfus der Adainlegende gegeben haben ?
2. Handelte es sich bei der Wahl der Szene um eine bewußte
Bevorzugung der Legendenauffassung vor der Genesisauffassung ?
Also um die Verherrlichung Adams im Gegensatz zu seiner Erniedri-
gung in der typischen Sündenfahdarstellung ?
Schon der formale Gharakter des Bildes scheint die Antwort
auf die erste Frage zu enthalten und zu verbürgen. Die lose Zu-
sammenstellung der einzelnen Bildelemente läßt hier den Gedanken
an einen festen Typus überhaupt nicht aufkommen. Die Art, wie
sich von links nach rechts Mauer, Menschen und Bäurne aneinander-
reihen, der gänzliche Mangel eines Mittelpunktes oder auch nur
der Gleichgewichtsverteilung und schließlich auch die kontinuierende
Darstellungsform, die durch das doppelte Erscheinen der Schlange
vertreten sein würde, entspricht durchaus nicht der repräsenta-
tiven Kompositionsweise der Cömeterialkunst, wohl aber der
illustrierenden der alten fortlaufenden Bilderrolle, die ja in Ägyp-
ten beheimatet war, und legt die Vermutung nahe, daß die Szene
aus einer illustrierten Handschrift der Adamlegende übernommen
ist. Auf Argumente für eine solche Möglichkeit kommen wir noch
zurück.
Auch scheint in bezug auf die zweite Frage die Szene keines-
wegs aus beabsichtigtem Gegensatz zur typischen Sündenfalldar-
stellung gewählt zu sein, um dieser gegenüber die hellenistische
Tendenz der Adamlegende zu vertreten. Denn dazu hätte sich
ein Glorifikationsbild: Adam, umringt von den ihm huldigenden
L. TnojE:
zwischen Bild und Legende nämlich erwachsen dem Archäologen
einige weitere Fragen, und deren Beantwortung berührt Probleme,
für deren Lösung wiederum die in der vorstehenden Untersuchung
gewonnenen Ergebnisse von ausschlaggebendem Belang sind. Ich
darf das hier kurz skizzieren.
Als zufähige Einzelerscheinung ist das Oasenfresko in der
altchristlichen Kunst kaum denkbar. Die Forschung hat sich also
mit den folgenden Fragen auseinanderzusetzen:
1. Wie ist die christliche Gömeterialkunst zu dieser Szene
gekommen ? Hat sie sie dem Text der Legende gemäß selber für
ihre Zwecke ausgestaltet? Hätten wir es also mit einem ihrer im
übrigen verloren gegangenen Typen zu tun ? Oder hat sie sie
fertig übernommen ? Etwa aus einem vorhandenen Zyklus von
Legendenbildern ? Kann es so früh schon einen eigenen Biider-
zykfus der Adainlegende gegeben haben ?
2. Handelte es sich bei der Wahl der Szene um eine bewußte
Bevorzugung der Legendenauffassung vor der Genesisauffassung ?
Also um die Verherrlichung Adams im Gegensatz zu seiner Erniedri-
gung in der typischen Sündenfahdarstellung ?
Schon der formale Gharakter des Bildes scheint die Antwort
auf die erste Frage zu enthalten und zu verbürgen. Die lose Zu-
sammenstellung der einzelnen Bildelemente läßt hier den Gedanken
an einen festen Typus überhaupt nicht aufkommen. Die Art, wie
sich von links nach rechts Mauer, Menschen und Bäurne aneinander-
reihen, der gänzliche Mangel eines Mittelpunktes oder auch nur
der Gleichgewichtsverteilung und schließlich auch die kontinuierende
Darstellungsform, die durch das doppelte Erscheinen der Schlange
vertreten sein würde, entspricht durchaus nicht der repräsenta-
tiven Kompositionsweise der Cömeterialkunst, wohl aber der
illustrierenden der alten fortlaufenden Bilderrolle, die ja in Ägyp-
ten beheimatet war, und legt die Vermutung nahe, daß die Szene
aus einer illustrierten Handschrift der Adamlegende übernommen
ist. Auf Argumente für eine solche Möglichkeit kommen wir noch
zurück.
Auch scheint in bezug auf die zweite Frage die Szene keines-
wegs aus beabsichtigtem Gegensatz zur typischen Sündenfalldar-
stellung gewählt zu sein, um dieser gegenüber die hellenistische
Tendenz der Adamlegende zu vertreten. Denn dazu hätte sich
ein Glorifikationsbild: Adam, umringt von den ihm huldigenden