Metadaten

Soltau, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 6. Abhandlung): Das vierte Evangelium in seiner Entstehungsgeschichte dargelegt — Heidelberg, 1916

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34077#0020
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
20

WlLHELM SOLTAU:

bis 63 und 10, 1—18 durch rhetorische Einlagen überarheitet sind.
10, 12 enthält das Thema, über das 10, 1—18 breiter gehandeit
worden ist, 17, 23—24 das Thema des ganzen cap. 17; 6, 32f. be-
ruht fast allein auf dem 6, 40 ausgesprochenen Satze und daneben
auf Matth. 25, 31 f. Wieviel dabei der Verfasser von R, wieviel ein
späterer Bearbeiter verschuldet hat, ist im einzelnen nicht mehr
nachweisbar.

III.
Durch dieses Ergebnis über die Qualität von R und den späte-
renEinschub von R in das bereits vollendeteEv. sind derForschung
neue Aufgaben gestellt. Es handelt sich dabei zunächst weniger
darum, seit wann das vollständige vierte Evangelium existiert
und seit wann es kanonisches Ansehen hatte; vielmehr ist von
jedem einzelnen Teil des Ev. selbständig festzustellen, wann er
entstanden und wann er als apostolisch anerkannt worden ist.
Schon oben wurde erwiesen, daß weder Justinus noch Ignatius
das vollständige vierte Evangelium gekannt haben können. Justi-
nus, dem sonst manc-he Ideen aus der Johanneischen Regriffswelt
bekannt und geläufig waren, hat nur einige Erzählungen des Ev.
erwähnt; Ignatius dagegen weiß nichts von dem Erzählungsstoff
des Ev., ist aber um so vertrauter mit R, ja er muß (s. oben) bereits
die vollständige Redesammlung mit ihren Auswüchsen und Wieder-
holungen gekannt haben.
R beruht, wie ich nachgewiesen habe\ auf bekannten synopti-
schen Parabeln und ist damit in eine Zeit zu verlegen, in der die
synoptischen Evangelien^ bereits bekannt waren. Aber nichts
spricht dafür, daß der Verfasser von R die späteren Zusätze des
ersten Evangeliums gelesen hatte; er kennt keine Geburtsgeschichte
beim ulöq povovysv7]<;, er bekämpft eine solche auch nicht, wie
das gelegentlich der vierte Evangelist tut (7, 42). Letzterer da-
gegen berührt nicht nur die Jugendgeschichte des Matthaeus
(7, 42), sondern auch Matthaeus 16, 17—19 (vgl. Joh. 1, 42; 6, 65)
1 Di'e Crunifücige cier JoAan/ieiscAen De<ien, Zehsc/ir. /.
TVe^es^. Wcss. 1916, 55 f.
2 Auch die Logia des Lucas, ja sogar das Lucasevangelium selbst. Auf
noch späteren Ursprung weisen die Ausführungen über den Parakleten 14,
1—29 und 15, 18—16, 15; sie sind frühestens um die Wende des ersten Jahr-
hunderts anzusetzen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften