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Soltau, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 6. Abhandlung): Das vierte Evangelium in seiner Entstehungsgeschichte dargelegt — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34077#0029
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Das vierte Evangelium.

29

dann durch manche schöne Stellen aus R zu einem Evangelium.
Aber der Name des Haupturhebers blieb dem Ganzen.
Die damit gebotene Entwickiungsgeschichte, welche das
Johannesevangelium durchlaufen hat, zeigt manche Verwandtschaft
mit derjenigen des Matthaeusevangeliums. Das zweite Evangelium
wurde zuerst durch eine größere Zahl von Logia ergänzt, dann durch
die voliständigen Logia zum ersten Evangelium ausgestaitet und
so zum kirchlichen Gebrauche besonders geeignet. Ähnlich ist der
Vorgang beim vierten Evangelium gewesen. Eine kürzere Grund-
schrift, die Legenden und synoptische Berichte enthielt, wurde zu-
nächst durch Sprüche aus einer Redesammlung und aus mündlicher
Überlieferung ergänzt. Später schob man dann voliständige Reden
aus R ein. Trotzdem blieben dem Ganzen die Namen derer, auf
welche die älteste Überlieferung zurückging: Markus und Matthaeus.
Weder Ignatius noch Justinus hatten ja ein Evangelium des Johan-
nes gekannt, wenn ihnen auch einige Johanneische Berichte ver-
traut waren. Aber schon die folgende Generation glaubte an ein
Evangeiium des Aposteis Johannes, da sie es im Kampfe gegen
andere Lehren brauchte. Sie nahm den Namen, welchen die Tra-
dition ihnen darbot, um so lieber an, weil ihr als hoch und heilig
galt, was dieser Apostel der Kleinasiaten sie geiehrt hatte.

V.
Verfoigen wir nun die weiteren Schicksale dieses Evangeliums
bis zur kanonischen Anerkennung alier seiner Teiie, so ist vor
aliem ins Auge zu fassen, wie neben der Tätigkeit des Ev. die-
jenige eines Ergänzers zu erklären ist, der das Protevangelium
Johannis mit R kombinierteh Als feststehend wird dabei nach
dem früher Ausgeführten angenommen, daß zuerst Ev. an eine
Erweiterung von G gedacht hat und erst dann der Ergänzer an die
Kombination von Ev. und R gegangen ist. Diese sukzessive Tätig-
keit beider bildet die Voraussetzung für die spätere Tätigkeit eines
Continuators, der zugleich der Interpolator des ,,Lieblingsjüngers"
(21, 24) gewesen ist.
Schon in Teil IV ward festgestellt, daß Ev. bei der Erwei-
terung von G zu einem vollständigen Evangelium die Tendenz
i Wichtige Beiträge über aile diese Fragen liefert B. W. BACON
1. c. p. 220.
 
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