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Soltau, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 6. Abhandlung): Das vierte Evangelium in seiner Entstehungsgeschichte dargelegt — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34077#0031
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Das vierte Evangelium.

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Mehr oder weniger alle Redestücke sind also von Ev. bei der
Überarbeitnng von & benutzt wordeM; daraus geht bervor, daß
er aus rebgiösen, dogmatischen Motiven die Grundgedanken von
R in sein Evangebum bineingetragen und dieses bisher ziembch
kurze und inhaltbch dürftige Evangebum der Kdeinasiaten durch
viele Gedanken aus der Redesammlung, die das Wesentbche des
Christentums tiefer faßte, erweitert hat. Damit ist zugleich auch
der Grund für die nochmabge Erweiterung des vierten Evan-
gebums durch zahlreiche größere Abschnitte von R gegeben. Das
Interesse der asiatischen, spezieb der syrischen Gemeinden war
besonders auf die Lehren des christologischen Gemeindebekennt-
nisses gerichtet; sie mußten also bestrebt sein, nicht nur einzelne
Lehren und Sprüche aus ihrem Evangelium = R zu bewahren,
sondern womögbch alle wesentbchen Abschnitte von R mit ihrem
erhabenen Inhalt in clas Evangebum aufgenommen zu sehen.
Unpassend aber wäre es gewesen, bei einem solchen Einschub
größerer Abschnitte von R die bisherige Ordnung des Evangebums
zu stören oder zu beseitigen. Auch wo der Einschub stärker gegen
den Zusammenhang verstieß, durfte bei einem Evangebum die
bisher übbche Anordnung nicht umgestoßen werden. Wohl aber
mußte hier und da um der Deutbchkeit willen eine kleine Ivorrektur
oder ein Übergang angebracht werden. So kam I, 6—8, das ur-
sprüngbch gewiß vor 1, 19 stand, an seine jetzige Stelle und wurde
5, 17—18 eingeschoben, um eine gewisse Einleitung zu der Rede
5, 19—47 zu gewinnen.
Als man dann aber das auf diese Weise erweiterte vierte
Evangebum in seiner kanonischen Gestalt zu allgemeiner Aner-
kennung zu bringen suchte, fehlte es nicht an Gegnern, sogar in-
nerhalb der kleinasiatischen Kirche. Selbst diejenigen Kdeinasiaten,
welche für den Wert des christologischen Gemeindebekenntnisses
3,16—21 eintraten, befremdete es, daß vor allem im Prolog (1,
1-—18), aber auch an manchen anderen Stellen, wie 1, 51; 3, 13—14;
5, 19f., gnostische Vorstellungen Platz gegriffen hatten; auch
gegen die Hypostasierung des Parakleten erhoben sich Einwände^.
und auch bei der Priesterschaft besonders wichtig war, nicht nur zu erwäh-
nen, sondern auch so breit auszuführen.
^ Die Parabel vom Weinstock 15, 1—8 ist irn Ev. nicht berührt, aber
das aus ihr resultierendeGebot inniger Liebe (15,9—17,besondersl5,17)
ist 13, 34—35 wiedergegeben.
^ Vgl. Zeüsc/u*. /. (viss. TAeo^ogie 1910, 355.
 
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